Donnerstag, 31. März 2011

Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran - Das Buch

Ich habe es gestern auf dem Weg zur Arbeit wirklich geschafft Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran komplett durchzulesen.
Prinzipiell ist es ein wirklich tolles Buch über das Erwachsen werden. Momo hat es nicht leicht getroffen und zwischen seinem überstrengen Vater und dem vielleicht schon etwas zu nachgiebigen Monsieur Ibrahim versucht er seinen eigenen Weg zu finden. Was er in erster Linie findet ist eine entspanntere Einstellung zu sich selbst, den Anderen und seiner Umwelt.
Und das alles auf gerade mal 100 Seiten, ohne dabei aufgesetzt, konstruiert oder irgendwie übertrieben zu wirken. Und ohne dabei von der schweren Thematik der Rahmengeschichten erschlagen zu werden.

Wobei ich allerdings sagen muß: diese 100 Seiten sind dermaßen großzügig bedruckt, das man hier wirklich in unter einer Stunde durch das Buch durch ist. Für mich der Hauptgrund zu sagen, dass ich das vielleicht nicht unbedingt jetzt gleich für acht bis zehn Euro nachkaufen muß...
Aber wirklich empfehlenswert.

Und kaum hat man eine Bildungslücke geschlossen, fängt eine Arbeitskollegin an mir vorzuschwärmen, wie toll der Film dazu ist... (den es, wie ich gerade gesehen habe, auch in der Stadtbibliothek gibt...)

Naja, eines nach dem anderen. So ganz ist die Entscheidung noch nicht gefallen. Aber ich könnte mir durchaus vorstellen, mir das heute Abend mal auf der Bühne anzusehen. Zeit müßte ich eigentlich haben.

Dienstag, 29. März 2011

Zwei Sachen habe ich doch ganz vergessen

Das erste ist, dass es momentan in der Oper Halle mal wieder eine neue Kunstaustellung gibt, welche ich mir am Sonntag mit angesehen habe.
Wer einmal da ist: ein Blick lohnt sich auf jeden Fall.
Und wer wissen möchte worum es geht schaut einfach mal ins Halle Forum:
http://www.halleforum.de/Halle-Nachrichten/Malerei-und-Grafik-im-Opernhaus/31084

Apropo Bilder: Wer nicht genau weiß wo er seinen nächsten Kaffee zu sich nehmen soll, kann mal im Czech in der Mittelstraße vorbei schauen. Nicht nur ist der Milchkaffee dort echt klasse, es hängen momentan auch einige wirklich interessante Bilder mit russischen (?) Impressionen aus.

Davon abgesehen habe ich am Donnerstag tatsächlich frei. Ich habe auch vor das tatsächlich dabei zu belassen und nicht doch noch eine Zusatzschicht mehr zu nehmen.
Das Problem ist dann nur: da könnte man am Donnerstag wirklich mal wieder in die Oper oder in das Theater gehen *unschuldig guck* und ich kann mich nicht entscheiden *grummel*.
Statt der Gefährlichen Liebschaften kommt die Pension Schöller. Die ist zwar im Grunde auch nicht weniger absurd als Der Boss vom Ganzen, hatte mir aber - vielleicht auch dank entsprechender Begleitung - besser gefallen. Und nach der Woche habe ich mir einen Abend Volksschwank eigentlich auch verdient.
Alternativ kommen Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran. Eine weitere Bildungslücke, deren Schließung mir schon mehrmals ans Herz gelegt wurde. (Könnte ich aber, da ich gleich eh noch mal los gehe, auch einfach in der Bibliothek ausleihen.)
Womit ich wirklich liebäugle ist die Eröffnungsveranstaltung zu Halle liest, Abends in der Oper. Allerdings in erster Linie weil ich hoffe Frau Heidi Ritter würde einen ihrer faszinierneden Vorträge halten, aber irgendwie läßt sich dazu kein Programm finden...
Und wem das noch nicht reicht, der kann sich im Puppentheater noch mal Den Fliegenden Holländer oder Der Fluch der Sieben Meere ansehen.

Und das ist nur das Angebot der Bühnen Halle. Ich hab gerade den Fehler gemacht mal nachzuschauen was sonst noch kommt. Das Zazie klingt noch interessant. In der Zoologie gibt es einen Vortrag zum Thema Knochen und jüngere Verwandte können bei Bedarf in den Frankeschen Stiftungen untergebracht werden. (Wobei, nein, ich habe gerade Wikipedia gefragt. Der Antichrist werde ich mir bestimmt nicht ansehen...)

Davon abgesehen habe ich hier noch diverse Bibliotheksbücher und sogar einen Haufen ungesehener DVDs. A. hat mir wiederholt Moon ans Herz gelegt. Abgesehen davon, habe ich noch ein paar schwarz-weiß Gruselfilme und jede Menge Wallace Material hier, dass auf meine Zeit wartet. Vielleicht ließe sich sogar noch irgendwo Die Mumie mit Boris Karloff auftreiben. Das wäre was fürs Wochenende... auch wenn da ja schon wieder Lucrezia Borgia ansteht... und da hat die Einführung durchaus neugierig auf mehr gemacht.

Und bevor wer fragt: ja, ich bin prinzipiell Neugierung und irgendwie auch für zu vieles Begeisterungsfähig. Da hatte ich aber auch vorgewarnt. Oder noch direkter: Warum sollte ich mich auf nur eines konzentrieren, wenn es zu viele Möglichkeiten gibt?

Sonntag, 27. März 2011

Einführungsmatinee zu Lucrezia Borgia

Da war doch noch was anderes:
Die Einführungsmatinee zu Lucrezia Borgia.
Dieses Mal ging es ins Operncafe. Frühes kommen sichert wie immer gute Plätze, und ansonsten kann ich eigentlich nur sagen: zu viele Zahlen und Namen.
Was ich mir tatsächlich gemerkt habe ist, dass es eine Vorlage von Victor Hugo gibt. Scheinbar handelt es sich da eigentlich um ein Drama, aber bisher hat sich der Text im Netz als unfindbar erwiesen, obwohl der Mann ja schon Ende des 19ten Jahrhunderts gestorben ist. Im Druck scheint es sich auch nicht zu befinden... so muß ich eben mit der ausreichend komplexen Erzählung von Herrn Hansjörg Zäther lauschen, der das ganze doch recht pointiert zusammen faßte.

Mein Versuch an der Kurzfassung für Eilige:
Moralisch nicht einwandfreie Mutter versucht ihren unehelichen Sohn vor ihrem Gatten, der Welt und vor allem vor ihm selbst geheim zu halten. Bevorzugtes Argumentationsmittel: Gift. Viele Tote.

So ganz, ganz grob.

Nach weiteren Informationen zum Leben der Lucrezia Borgia und des Komponisten Gaetano Donizetti sind wir dann auch in den Genuß einiger Hörproben gekommen.
Romelia Lichtenstein und Carlos Cortés traten als Mutter und Sohn auf. Bevorzugter Satz nach wenigen Takten: "Mehr dazu am Abend." Oder etwas deutlicher: zur Premiere wiederkommen. (In begründeten Ausnahmefällen vielleicht auch zu einer späteren Veranstaltung.)

Und sagen wir mal: ich bin neugierig geworden.
Bei weitem zu viele Informationen und Zahlen um sie sich auf Anhieb zu merken. Das Bühnenbild hat zumindest neugierig gemacht. Das könnte in groß wirklich beeindruckend wirken. Zu den Kostümen bilde ich mir eine Meinung wenn ich sie auf der Bühne gesehen habe. Aber ich glaube die beste Werbung war ohnehin Herr Zäther. Ich habe selten einen Menschen so begeistert Musik hören sehen. Und wir reden hier von zwei Sängern und einem Klavier. Da stellt sich dann selbst für einen Ahnungslosen wie mich die Frage wie das wohl mit Orchester klingen wird.

Auf jeden Fall ein angenehmer Samstag morgen, vor allem wenn sie einem eh in der Nacht eine Stunde geklaut haben. (Kaffee hätte das ganze noch angenehmer gemacht, aber man kann ja auch nicht alles haben. Als kleiner kultureller Appetitanreger auf jeden Fall gelungen. Und da ich schon bei Lulu so saß, dass gleichzeitiges mitlesen eher schwer fiel, ist man für einen generellen Fahrplan immer dankbar...)

Der Boss vom Ganzen

Faire Warnung: diese Rezension hat einen inoffiziellen Alternativtitel. Dieser lautet: "Warum ich Lars von Trier nicht lustig finde". Nur damit schon mal grundlegend angedeutet ist aus welcher Perspektive ich hier schreibe. Es war nicht ganz so schlimm wie das jetzt vielleicht klingt, aber dank dieser Ansage kann ich mich jetzt selbst von dem Anspruch entbinden meine persönliche Meinung in übermäßig diplomatische Worte zu packen.

Aber fangen wir einfach mal an: worum ging es denn gestern überhaupt?


Ravn (als Raun ausgesprochen) hat ein kleines Problem mit Konflikten. Und daher hat er seit Jahren alle unangenehmen Entscheidungen einem anderen in den Mund gelegt: dem Boss vom Ganzen. Das ging bisher auch recht gut. Aber nun will Ravn die Firma verkaufen. Und dazu muss der Boss persönlich unterschreiben. Ein etwas unterbeschäftigter Schauspieler, mit einer Vorliebe für einen fiktiven absurden Dramatiker namens Antonio Stavros Gambini, wird dafür engagiert. Kristoffer bemüht sich redlich die Rolle mit Leben zu füllen. Und erhält eine unerwartete Vertragsverlängerung, als der Isländern, an den die Firma verkauft werden soll, darauf besteht die Verhandlungen nur mit dem Boss und auf gar keinen Fall mit seinem 'Handlanger' Ravn durchzuführen.
Und weil die Gelegenheit günstig ist, lernt auch der Rest der Firma mal den Boss kennen.
Kristoffers eigentliches Problem ist dabei nicht, dass die vier am längsten Angestellten - Heidi A., Lise, Gorm und Nalle - einige nachvollziehbare Antipathien gegen ihn hegen, sondern vielmehr dass er mit einem ständigen Informationsdefizit arbeiten muss. Jeder hat ein anderes Bild vom Boss. Und so muss nicht nur ein Nachname aus dem Stegreif improvisiert werden, sondern auch die eine oder andere Konversation, bei der er teilweise erst zum Schluss versteht, auf was er sich da überhaupt eingelassen hat.
Und dazu kommen über kurz oder lang auch moralische Skrupel, da Ravns Plan vorsieht, die Firma zu verschachern, ohne seinen Freuden dafür einen einzigen Cent zu überlassen.
Und nun stellt sich natürlich die Frage, ob man all das nicht vielleicht doch noch irgendwie umgehen kann.

Das klingt doch in sich erst mal sehr vielversprechend. Wo soll hier also ein Problem sein?

Das Ganze fängt damit an, dass es sich hier eigentlich um die Adaption eine Filmes handelt. Den habe ich nicht gesehen, den will ich ehrlich gesagt auch nicht sehen. Der Punkt ist einfach nur, dass wahrscheinlich allein deswegen Zitate versteckt sind, die mir schon mal komplett verloren gegangen sind.
Dann habe ich nur eine äußerst überschaubare Ahnung von Lars von Trier, hatte aber mal das zweifelhafte Glück mich mit Dogma 95 auseinander setzen zu müssen, was ihn mir nicht unbedingt sympathischer gemacht hat. Das hat hiermit wahrscheinlich nur am Rande zu tun, erlaubt mir aber halbwegs einzuordnen wie der Film wahrscheinlich war. Und welche Maßstäbe man im großen und ganzen an das Stück anlegen kann, wenn man nur will. Und wenn es dann im Stück selbst heißt, das Leben sei wie ein Dogma Film... Naja.
Aber irgendwie stellt sich grundlegend die Frage, ob man Filmkonventionen auf der Bühne überhaupt verletzen kann, also lassen wir das Thema an der Stelle.

Wirklich schlimm wird das ganze eh erst, wenn wir auf meine kaum vorhandenen Geschichtskentnnisse zu sprechen kommen. Die meisten Personen in diesem Stück sind Dänen, deren Firma von einem Isländer aufgekauft werden soll. (Habe ich mir nicht gemerkt, das schreibe ich gerade von Wikipedia ab.)  Und die müssen untereinander sehr starke kulturelle Konflikte haben.
Ich meine, das ganze wurde hervorragend gelöst. Jörg Lichtenstein spricht, so weit ich das überblicken kann, seine gesamte Rolle in Isländisch. Eine hervorragende Leistung. Und neben ihm sitzt, vom Gebaren her recht stilecht, Hannelore Schubert als Übersetzerin. Dabei kommen immer wieder Spitzen gegen die Dänische Mentalität. Da waren ein paar verbale Entgleisungen dabei, die wirklich hervorragend waren, jetzt mal rein von der Formulierung her. Aber mir fehlt jede Form des kulturellen Verständnisses, wie ich das einordnen soll.

Und was es auch nicht einfacher macht, ist die Tatsache, dass es sich hier um eine IT Firma handelt. Ich weiß, dass Nerds mittlerweile salonfähige Sitcom Stars geworden sind. Und im Grunde sehen zumindest Heidi A., Gorm und Nalle wie die reinsten Klischeebilder aus.
Georg Stohbach ist als Nalle die mehr oder weniger undankbare Aufgabe zugefallen, sämtliches Verwaltungskauderwelsch herunter zu beten und die berechtigten, aber nicht unbedingt hilfreichen Definitionsfragen zu stellen. Ich war bei solch hirnrissigen Diskussionen schon dabei, die sich praktisch in jedem Moment selbst parodieren. Wer aber schon mindestens vier oder fünf Abende seines Lebens mit so was verschwendet hat, kann darüber nicht mehr lachen, ganz gleich wie absurd das auch sein mag.

Apropo absurd, bevor das hier wieder viel zu lang wird, was es ja im Grunde schon ist:
Absurd ist das einzige Wort, mit dem man dem Stück gerecht werden kann. Da wir den Großteil der Zeit Kristoffer folgen, der allen anderen unter dem Namen Svent vorgestellt wurde, wissen wir generell auch nicht mehr als er. Mit einem guten Gespür für Klischees kommt man hier prinzipiell weiter, aber auch wenn die Richtung stimmt steht man oft genug noch im Wald und sieht verständnislos einem Haufen Leuten dabei zu, wie sie aneinander vorbei reden.
Wer spontan das Gefühl hat 'Geil, genau mein Humor.' der soll hin gehen. Mein Humor ist es leider nicht.

Das heißt nicht dass das Stück schlecht ist. Wolf Gerlach als Ravn ist durchaus sehenswert, mal ohne den schrillen Unterton, der mich sonst immer so kirre macht, und teilweise mit einem Gesichtsausdruck der nahe legt, dass er einen Vertrag seine Großmutter zu verkaufen vielleicht nicht selbst unterschreiben würde, aber ihm würde sicherlich eine Lösung einfallen. Gleichzeitig noch als harmoniesüchtiger Knuddelbär zu gelten ist da durchaus eine Leistung.
Und Matthias Zeeb als langhaariger BWL Verschnitt mit raumgreifender Körpersprache und einem Haufen Theatertheorien ist genauso absurd wie der ganze Rest.
Petra Ehlert gibt die graue Maus mit orangenen Haarsträhnen.
Johanna Steinhauser gibt den Anwalt Kisser, oder wohl eher die Anwältin, mit einer tatsächlich sehr fragwürdigen Essensgewohnheit.
Und Sophie Lüpfer hat die Körpersprache einer Klischeeblondine und das Auftreten einer sehr... zielgerichteten Frau, um das mal so zu formulieren.

Wahrscheinlich gibt es sogar zig Arten dieses Stück zu interpretieren. Angefangen beim Kommentar zur aktuellen Wirtschaftslage, bis zu hin zu einer facettenreichen Anspielung auf Theatermechanismen.
Ich bin mir außerdem fast sicher, dass es die MZ über den grünen Klee loben wird. Also brauche ich mich an der Stelle auch nicht weiter zu verausgaben. Wer irgendwo weiter oben dachte 'Das ist genau mein Humor! Da gehe ich hin!' der wird hier seinen Spaß haben. Ein paar Lacher zünden auf jeden Fall. Und im Grunde hat es diese Faszination eines Autounfalls, bei dem man genau weiß was als Nächstes passiert, und man kann doch nicht weg schauen.
Aber ich für meinen Teil muss das auf jeden Fall nicht noch einmal sehen. Hervorragend gespielt und alles, aber einfach nicht mein Geschmack.
Den Leuten die gestern in der Werft des nT waren hat es aber alles in allem gefallen. Der Applaus war hinreichend heftig. Und da in die Werft ja doch eine recht überschaubare Menge an Menschen passen, denke ich auch mal, dass die Hallenser das Stück eine Weile auf dem Spielplan unserer Stadt halten werden. Egal welche Meinung ich persönlich hier vertrete.

Samstag, 26. März 2011

Ich muß jedes Mal wieder grinsen.
Auf der Rückseite von Theatereintrittskarten steht wirklich:
Das Ticketmaterial ist hitzeempfindlich.

Nun gibt es zwei Probleme:
Hitze ist bestimmt nicht das Einzige, auf dass diese Karten empfindlich reagieren.
Und normalerweise gilt der Ansatz: es würde nicht drauf stehen, wenn es nicht schon mindestens einer versucht hätte...

Freitag, 25. März 2011

Bücher vom kleinen Vampir ausleihen: check.
(drei Stück, ungeordnet)

Zeit zum lesen finden: work in progress.
(wahrscheinlich Sonntag)

Memo an Selbst: morgen mal R. fragen ob die Hörspiele was taugen.
(allgemeines Memo: morgen R. anrufen)



(Ja, ich weiß, ich bin unmöglich. Aber die Bibliotheksmitgliedschaft muß sich doch lohnen, wenn ich schon wegen Fehlinformation drei Probemonate verschenkt habe... *betont unschuldig guck*)

Donnerstag, 24. März 2011

Der kleine Vampir

Eine Freundin wies mich neulich mit Nachdruck darauf hin, dass meine Unkenntnis im Bezug auf den Kleinen Vampir unbedingt behoben werden sollte. Ein Befehl dem ich heute morgen im Puppentheater nachgekommen bin.

Schon wieder eine Schulvorstellung, wobei die Kinder heute echt klasse drauf waren. Bei manchen Fragen vielleicht etwas uneins, aber man hat gesehen, dass auch die Darsteller sichtlich ihre Freude hatten. Nur als die Kinder am Ende 'Zugabe' brüllten, wirkten sie dann doch ein wenig irritiert. *g*

Ansonsten muß ich als Germanist (ohne nenneswerte Vergleichsmöglichkeiten zu Buch oder DVD) sagen, dass das Stück einfach mal gut erzählt ist. Wir fangen mit Anton an, der ein absoluter Gruselfan ist, und mehr oder weniger felsenfest an die Existenz von Vampiren glaubt. Das Auftauchen von Rüdiger wirft ihn trotzdem erst einmal aus der Bahn. Die gegenseitigen Besuchen verlaufen nicht unbedingt reibungslos. Und dann ist da noch Geiermeier, der...
Wozu schreibe ich das eigentlich? Außer mir müßte das doch im Grunde eh schon jeder wissen.
(Und die anwesenden Kinder waren auf jeden Fall besser informiert als ich...)

Auf jeden Fall ist das Ganze erzählerisch sehr gut gelöst. Wir lernen erst Antons Welt kennen, dann die von Rüdiger und zwischendrin werden immer wieder kleiner Probleme aufgeworfen, auf die man erst später wieder zurück kommt. Der Aufbau ist dramaturgisch einfach mal gut. Und sich bei den doch recht umfangreichen möglichen Vorlagen so weit zu begrenzen ist durchaus auch eine Kunst.

Und die Inszenierung ist ebenfalls gelungen. Mutter und Vater sehen ihren Rollen entsprechend eher unbedeutend aus, die Vampire haben ein wenig was von Geistern mit Reißzähnen, Anton macht seinem Nachnahmen alle Ehre und Geiermeier... irgendwie hat der mich an den Alten Sack erinnernt, zwar noch ohne Rollstuhl (und mit einer kindgerechteren Sprache), aber nicht mehr so weit davon entfernt.
Und Antons Wohung oder der Friedhof werden jeweils mit einer hängenden, gefütterten und zugeschnittenen Stoffbahn gekennzeichnet. Das funktioniert erfreulich gut.

Klingt jetzt vielleicht nicht so ganz nach einem Kompliment, zumindest nicht so sehr wie das eigentlich beabsichtigt war, aber auf jeden Fall sehenswert. Die Kinder waren wie gesagt begeistert. Für Neueinsteiger auf jeden Fall geeignet. Für Fans offensichtlich auch. Kurz: ein rundum gelungener Morgen.

(Im Grunde wollte ich mir ja nur was ansehen, damit ich heute ausgeglichen auf Arbeit gehen kann und die momentane Mehrbelastung besser wegstecke. Statt dessen liebäugle ich momentan damit meine Bibliotheksmitgliedschaft noch ein wenig weiter auszureizen. Da finden sich doch sicherlich noch mehr zum Thema. Mindestens die Bücher müßten zu finden sein. Und für diese unerwartete, wenn vielleicht auch nicht vollkommen unvorhersehbare Reaktion, eine respektvolle Verbeugung vor Katharina Kummer, Steffi König und Magda Lena Schlott, sowie Allen die hinter der Bühne an diesem Stück beteiligt waren.)

Mittwoch, 23. März 2011

Sid, die Schlange die singen wollte

Ich gönne mir das äußerst selten, aber ich mag Kinderopern. Vor allem seit ich Spuk im Händelhaus gesehen habe. In dem Genre ist auch Murks bei, aber im Grunde ist es der Versuch in unter einer Stunde musikalische Einblicke zu vermitteln. Freilich habe ich das auch Alles irgendwann mal gehört... aber längst wieder vergessen. Die Schuld dafür liegt - je nach Tagesform - bei den Lehrern, bei mir oder bei mangelnden Einsatzmöglichkeiten. Oder bei Allen ein wenig.
(Ich weiß nicht ob mein Langzeitgedächtnis mehr aufgenommen hätte, wenn ein Mann wie Richard Vardigans mein Musiklehrer gewesen wäre. Wahrscheinlich nicht. Aber heute finde ich den Mann rundheraus empfehlenswert, sowohl auf Youtube, als auch live, falls wer in Leipzig oder anderswo Zeit hat. Aber ich schweife ab...)

Kommen wir also zu Sid. Eine Schlange möchte singen und seine Freunde aus dem Zirkus sind dabei keine Hilfe. Immer wieder erzählen sie ihm, dass er dafür einfach nicht geschaffen ist. Und als es der Schlange zu bunt wird, macht sie sich allein auf dem Weg, in der Hoffnung, doch noch eine Gesangsniesche für sich zu finden.
Über die Pointe von dem Ganzen schweigen wir an dieser Stelle am besten. Oft genug ist eben auch der Weg das Ziel. Und auf unserem Weg erfahren wir nicht nur nebenbei was Alt, Bass, Sopran und Tenor so tun, sondern auch den Unterschied zwischen Trio und Quartett. Und nach Ausflügen in die Oper oder das Showbizz, werden uns noch ein paar Instrumente vorgestellt. Die Fachbegriffe für laut, leise, Staccato und noch ein paar andere waren auch dabei.
Vielleicht war es ein bißchen viel auf einmal, um sich etwas davon zu merken. Aber sehr sympathisch gemacht. (Und mal wieder eine der Gelegenheiten bei denen ich mir wünsche mehr Ahnung von Musik zu haben. Es nervt Melodien zu erkennen und den Rest des Tages zu summen, ohne die leiseste Ahnung zu haben, welche das sind... naja, irgendwas ist eben immer.)

Und leider habe ich mir heute Morgen nicht gemerkt, wie die Musiker hießen.
Also an dieser Stelle nur noch kurz die reguläre Besetzungsliste:
Björn Christian Kuhn gibt die Schlange, gespaltene Zunge inklusive.
Olaf Schöder reichlich aufgepolstert als Muskelpaket.
Und dann haben wir noch Katharina Eirich und Sandra Maxheimer in dreifach Rollen.

Und wenn die jungen Zuschauer einem nicht gerade das Trommelfell wegbrüllen, dann ist es ein durchaus schwungvoller und netter Ausflug durch die Musik und um die Welt.

Für Kinder auf jeden Fall ein Spaß. Und zur Entspannung kann man das auch als Erwachsener durchaus mal gesehen haben.

(Oder wie eine befreundete Musikwissenschaftlerin neulich meinte: die Geschichte ist süß. Vielleicht lautete das Wort der Wahl auch 'niedlich'. Auf jeden Fall etwas, dass man ohne Bedauern sehen kann.)
Mein Vater versucht gerade verzweifelt mit zur erklären wer Professor Flimmrich war. Bilder und Wikieinträge habe ich gefunden. Aber spontan keine Videos. Gibt es überhaupt noch Aufzeichnungenvon so viel Fernsehnostalgie? Vorschläge wo man sich das mal ansehen kann?

Die goldene Gans

Für uns ging es gestern ins Dock 1. Allerdings saßen wir nicht wie sonst üblich im Zuschauerraum, sondern auf improvisierten Treppen direkt auf der Bühne. Warum, wird klar wenn das Stück erst einmal angefangen hat.
Nils Dreschke und Uwe Steinbach nehmen zuerst einmal Platz. Ihr Tisch steht zwischen den Sitzreihen und dank einer Stoffbahne und einer Kurbel kann man hier wunderbar Figuren hin und her schieben. Klingt weitaus abstrakter als es eigentlich war.
Nachdem die beiden Herren sitzen kann es auch schon los gehen.

Wir fangen, wie oft im Märchen, mit dem jüngesten Sohn einer Familie an, der (wie auch oft im Märchen) bei seiner Familie nicht unbedingt hoch angesehen ist. Nachdem seine Brüder an der eigentlich recht überschaubaren Aufgabe des Holzfällens gescheitert sind, bietet er sich an. Und da er ein gutes Herz hat, faßt er nebenbei noch eine goldene Gans ab. Und da er nicht ganz so blöd ist wie seine Familie denkt, zieht er mit der Gans in die Welt hinaus und erringt über Umwege sogar die Hand einer Prinzessin.
Damit ist der grobe Fahrplan abgesteckt. Es gibt da nur ein Problem: so richtig einig sind sich die beiden Herren nicht, was als jeweils Nächstes geschehen soll.
Und so kann es passieren, dass einer der Figuren mal aus Ärger der Arm abgebrochen wird, Einer dem Anderen Kamillentee unterjubelt, Gänse Nasen erhalten oder man sich kurz vor dem vermeintlichen Ende noch mal korrigiert, dass das doch irgendwie anders abgelaufen ist.

Nichts davon wirkt übertrieben. Man arbeitet eben einfach mit verteilten Rollen: Uwe Steinbach fallen immer noch ein paar Gemeinheiten ein, während Nils Dreschke versucht dem Happy End entgegen zu eilen, bis schließlich auch sein Geduldsfaden reißt.

Was das Ganze am Ende wirklich sehenswert macht, mal abgesehen von der schauspierlerischen Leistung, sind wieder einmal die Figuren. In diesem Fall bestehen sowohl die Figuren als auch große Teile der Requisiten aus komplexen Laubsägearbeiten. Das wird zwar immer wieder mal augenzwinkernd kommentiert, aber man sieht, dass einiges an Liebe und Tüftellei hinein geflossen ist. Auch wenn die Benennung der vorgestellten Teile mitunter etwas skurill ist. (Wer den Hund gesehen hat, weiß was ich meine.)

Am Ende ist es die Mischung aus verbalem Ping-Pong, liebevollen Holzarbeiten und der zumindest für mich neuen Umsetzung, die das Stück sehenswert macht.
Es ist nicht so, dass ich Die Goldene Gans diese Spielzeit noch mal sehen muß. Und nächste wohl auch nicht gleich. Aber: gesehen haben kann man es auf jeden Fall. Es ist eine nette Umsetzung eines Märchenklassikers, kindgerecht und überraschend präsentiert.

Bedienungsanleitung fürs Kindertheater

Ich schreibe dass an der Stelle nur einmal, dann brauch ich es nicht unzählige Male wiederholen:
Kindervorstellungen sind kulturelles Glücksspiel. Im Idealfall sollte man die Vorstellungen mit einem Haufen Kindern besuchen, die man allesamt kennt und einschätzen kann. Das würde einem einiges ersparen.

Ansonsten gibt es drei Möglichkeiten:
Der Idealfall ist das, was mal jemand als "richtige Kinder" oder "Mitmachkinder" bezeichnet hat. Schreien, klatschen, zeigen, mithippeln inklusive.
Das Worst Case Szenario ist ein Haufen lärmender Balgen, die nicht da sind weil sie wollen, sondern weil sie müssen. Und freilich benehmen die sich auch entsprechend.
Und dann gibt es diejenigen die schon in jungen Jahren den Hallenser nach außen kehren und schicksalsergeben einfach sehen, was sich da vor ihren Augen ereignet.

So oder so ist so eine Veranstaltung einfach nicht perfekt, wenn man nicht mindestens einen Hörsturz von dannen getragen hat.

Darum ernst gemeinter Rat:
Im Theater immer möglichst weit hinten sitzen. Irgend eine Ecke von der aus man alles gut überblicken kann. Die Leute werden schon laut genug reden, dass man sie noch versteht. Dafür wurden Atemtechniken entwickelt. Alles kein Thema.
Bei Kindervorstellungen in der Oper gilt: möglichst weit mittig und möglichst weit vorne und am Besten beides. Es gibt Grenzen wie laut ein Mensch singen kann. Wenn dann noch die Musik live gespielt wird und die lieben Kleinen gröhlen... was sie beim Musiktheater irgendwie eher vorkommt... dann hat man auf allen anderen Plätzen irgendwie verloren.

Ich wußte das im Grunde schon vorher, aber ich habe das diese Woche noch mal neu gelernt. Immerhin bin ich dann für morgen gerüstet...

Dienstag, 22. März 2011

*Gong*

So, meine Lieben. In etwa einer Viertelstunde muß ich los. Heute fällt nämlich der Startschuß in eine absolut kranke Woche: zu viel Arbeit, die ich versuche auszuballancieren, mit etwa fünf Theaterkarten und dem Versuch mal wieder Menschen zu sehen, die mir schon ewig nicht mehr über den Weg gelaufen sind.
Absehbare Nebenwirkung: mein Humor rutscht mal wieder Richtung seltsam.
Andere absehbare Wirkung: es wird wieder mehr Rezensionen geben.

Und damit auch ihr was zum lächeln habt, an diesem sonnigen Morgen:
http://www.smsvongesternnacht.de/beste

Nicht vergessen: das Leben ist vielleicht nicht perfekt, aber es gibt immer ein paar Probleme, die man nicht hat. ;P

Montag, 21. März 2011

Mal eine Empfehlung für Filmfans

Heyne bietet eine Filmbibliothek, welche leider nicht mehr aufgelegt wird, aber in weiten Teilen noch sehr preisgünstig antiquarisch zu erwerben ist. Die Bände gibt es sowohl zu einzelnen Darstellern, als auch zu Genres.
Generell kann ich sagen, dass die sich sehr angenehm lesen lassen und einen netten Überblick bieten. Bildreich sind die Bände auch, so dass man in schwarz-weiß noch einen netten Einblick bekommt, wovon überhaupt geredet wird.
Als Einführung sind die wirklich gut.

Einziger Wehrmutstropfen:
Einige der Bücher sind schon vor meiner Geburt erschienen. Das heißt, gerade bei Filmgenres oder toten Schauspielern, keineswegs dass die Bücher schlecht sind. Aber irgendwas ist in dem Papier. Zumindest die Bücher die älter sind als ich, riechen nicht alt, sondern einfach nur penetrant.
Ich habe keine Ahnung was da drin ist, aber das geht zumindest bei mir echt auf den Hals. Was mich aber bisher nicht vom Lesen abhält, weil die Bücher für den Überblick wirklich super sind.

Irgendwas ist immer. Aber falls jemand was für den Einstieg sucht, ist er hier auf jeden Fall gut bedient.
Hat einer meiner Lieblingshallenser Interesse an Dieter Nuhrs neuem Buch? Der ultimative Ratgeber für Alles. Ich hab es durchgelesen, würde das Buch zumindest behalten, aber nicht unbedingt in diesem Jahrzehnt noch einmal lesen wollen.
Wer also noch Entspannungsliteratur für die Semesterferien leihen möchte, kann sich vertrauensvoll an mich wenden.

(Und in begründeten Fällen von Bin-Fan-Muß-Haben läßt sich sicher auch noch mal über einen Freundschaftspreis diskutieren)

(Jede Glaubensgemeinschaft kriegt ihr Fett weg und einige der Bilder sind tatsächlich recht ungewöhnlich und interessant gewählt. Aber intelligenter fühle ich mich hier nach nicht. Besser beraten auch nicht. Und allgemein läßt sich über Humor ja bekanntlich streiten... Irgendwie gehört Dieter Nuhr generell zu den Menschen, die ich nur in kleinen Portionen lustig finde. Auf Twitter oder Facebook ist es in Ordnung. Ausschnitte aus einer Sendung jährlich gehen auch noch. Aber ein ganzes Buch ist zu viel davon...)

Sonntag, 20. März 2011

Kleiner Nachtrag

Ich habe heute schon den ersten Rüffel bekommen: der Film zu den Comedian Harmonists soll wohl im großen und ganzen der gleichen Dramaturgie folgen wie das Stück hier in Halle. Oder wohl eher anders herum.
Wußte ich nicht. Mir war bis heute noch nicht mal bekannt, dass es neben der Dokumentation noch einen richtigen Film zum Thema gibt.
Ich und mein großes Maul mußten dann natürlich aus dem Stand kommentieren, dass dann wohl auch der Film dramaturgische Grütze ist. Und wie immer bei solchen Urteilen ohne jede Ahnung: eine Freundin wird dafür sorgen, dass ich baldmöglichst den Film sehe. Vielleicht kann sie mich ja doch noch bekehren.
Das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen...

Davon abgesehen habe ich gestern im vorrübergehen gelesen der Hausvertrag der Bühnen Halle sei wohl endlich unterschrieben. Wenn es stimmt bleibt uns das Thalia also doch erhalten. Was keine Ausrede sein sollte, Ballhaus nicht doch noch diese Spielzeit zu sehen.

Und eine der Nebenwirkungen des Theaterkonsums ist, dass ich momentan am überlegen bin mir eine Silly CD zu kaufen... (Das Album Bataillon d'Amour, falls wer neugierig ist)

Und ich frage morgen mal in wie viele Vormittagsvorstellungen sie mich diesen Monat noch lassen würde, wenn ich sie mit Geld besteche. *g*

Comedian Harmonists

Heute mal verhältnismäßig kurz und schmerzlos:
S. hatte mir die Comedian Harmonists im nT empfohlen. Nun ist es so, dass sie da auf Grund ihres Studiums weitaus näher am Thema dran ist als ich. Aber Empfehlungen kann man ja durchaus mal folgen. Um ehrlich zu sein habe ich wenig mehr als gute Musik erwartet und wenn man wirklich ehrlich sein möchte, dann bietet das Stück auch nicht viel mehr.

Das soll die Leistung selbst gar nicht klein Reden.
Neben Herrn Straube und Matthias Zeeb stehen nur Musiker auf der Bühne, kurz genannt die Java Five und mit mindestens zwei Sängern von den Stouxingers. Musikalisch ist das wirklich gut, und ich habe an dem Abend neben einer Menge bekanntem auch ein oder zwei neue Lieder gehört, von denen ich bisher nicht wusste, dass sie von den Comedian Harmonists sind.
Herr Straube hat einmal mehr unter Beweis gestellt, dass er sich für kein Kostüm zu schade ist. Außerdem brachte er noch ein oder zwei Melodien von Brecht unter.
Der Teil ist wirklich gut gelungen.

Nun ist das Problem - und ich denke mal das wissen die Meisten auch - dass die Comedian Harmonists ihre Band nicht freiwillig aufgegeben haben. Die Nazis haben irgendwann gesagt "50 Prozent der Mitglieder sind Jüdisch und dürfen darum nicht weiter musizieren. Lasst euch was einfallen." Und von da an war eine Einigung nur noch schwer möglich.
Nun weiß ich, dass es darüber eine Dokumentation gibt, in der die Mitglieder (mittlerweile alles alte Männer) noch einmal zu ihren Erinnerungen befragt wurden und da es sich damals noch um eine Zeit handelte, in der man seine schmutzige Wäsche nicht in der Öffentlichkeit wusch, haben es - so weit ich mich erinnere - auch Alle vermieden etwas schlechtes über einander zu sagen.
Das ist im Großen und Ganzen auch der Schluss, der im Stück transportiert wird. Alles andere wäre wahrscheinlich inhaltlich noch schwerer zu transportieren gewesen.
Aber so bleibt, so leid mir das tut, was von dem Stück über bleibt ist sehr gute Musik mit ein paar Fetzen von Rahmenhandlung, die zwar dazu gehören, weil es sich um die Comedian Harmonists handelt. Aber so richtig will sich daraus kein rundes Bild zusammen setzen.

Aber das ist - wie immer - nur meine persönliche Meinung. S. war begeistert, genauso wie die anderen Zuschauer. Wir haben eine doch recht beachtliche Reihe an Verbeugungen heraus geklatscht. Und die Musik ist über jeden Zweifel erhaben, um so mehr da Herr Zeeb sich Mühe gibt auch dem letzten verständlich zu machen, dass "Veronika, der Spargel wächst" sehr wenig mit Gemüse zu tun hat.
(Angeblich hat Götz Alsmann mal einen sehr lesenswerten Aufsatz über Anspielungen in alten Schlagern geschrieben, aber ich bin bisher nicht dazu gekommen das mal zu lesen... soll aber lustig sein.)

Wer neugierig geworden ist, oder einfach mal wieder ein bisschen was von den Comedian Harmonists hören möchte, sollte sich beeilen. Das Stück kommt nur noch zwei Mal, um Ostern herum.
Gesehen haben kann man es auf jeden Fall. Bei mir blieb trotzdem das Gefühl, dass es sich bei der Rahmenhandlung eher um ein Alibi als um alles andere handelte...

Samstag, 19. März 2011

Ballhaus

So, beginnen wir mit einem wirklichen Knaller: Ballhaus.
Ich muss ehrlich sagen, dass ich es mir selbst wahrscheinlich gar nicht angesehen hätte. Aber eine der Damen von der Theaterkasse hat es so nachdrücklich empfohlen, dass ich neugierig geworden bin. Also, neugierig genug um mir eine Karte zu holen, nicht neugierig genug um mich vorher zu informieren was da eigentlich auf mich zukommen.
Und manchmal sind die besten Stücke wirklich die, die sich selbst so weit erklären, dass man eigentlich nichts dazu zu sagen braucht... wenn man sich nicht gerade in den Kopf gesetzt hätte, darüber zu bloggen.

Wir fangen mal kurz damit an was Ballhaus nicht ist: es ist kein Ballett, es ist kein Ausdruckstanz (was mich am meisten beruhigt hat) und es ist keine moralische Unterweisung (was ich im Bezug auf das Thalia sehr erfrischend finde.)
Schwieriger wird es zu umschreiben was das Stück ist.
Auf der einen Seite handelt es sich um eine sehr minimalistische Geschichte der letzten 80 bis 90 Jahre. Die Musik aus den entsprechenden Jahrzehnten spielt genauso eine Rolle wie die je aktuellen Gesellschaftstänze. Im Grunde wird fast nur getanzt. Es gibt in dem Sinne keinen Text. Und gleichzeitig läuft die Geschichte dieser Jahrzehnte noch einmal vor unseren Augen ab.
Das Ganze wird tatsächlich auf eine so bemerkenswert simple und effektvolle Art miteinander verbunden, dass man von vertanzter Geschichte reden könnte - auch wenn ich zugebe, das mich das bestimmt nicht ins Theater ziehen würde, wenn mir jemand ein Theaterstück so anpreisen würde.
Sehenswert ist es trotzdem - aber es handelt sich um eines der Stücke bei denen man sich wirklich Mühe geben sollte seinen persönlichen Lieblingsplatz zu ergattern. Es passiert immer etwas mehr als man mit einem Blick erfassen kann, ganz gleich wo man sitzt.
Wer hier lieber einen Platz mit Überblick möchte sitzt weiter hinten; wer das was er sieht klar sehen möchte sitzt weiter vorne und für mich ist in erster Linie wichtig, dass der Hauptteil der Informationen mein Hirn über das linke Auge erreichen. (Erklären würde hier zu weit führen, ist aber wirklich so.)

Schauen wir mal, ob ich euch das etwas schmackhafter machen kann:

Das Bühnenbild ist recht offen: es gibt zwei große Showtreppen im Hintergrund, davor noch eine kleine Live-Band, links ein Reihe Stühle, rechts eine Bar und ganz links vorne eine Toilettenkabine. Und in der Mitte viel Platz zum Tanzen.
Wir beginnen mit dem Einmarsch: erst die Damen, dann die Herren. Gefolgt von den ersten, etwas unsicheren Annäherungsversuchen. Und auf geht der wilde Tanz durch Jahrzehnte.

Und das eigentliche Problem ist, dass ich an der Stelle gar nicht so viel verraten möchte.
Bis zur Pause haben wir die Nazis, den zweiten Weltkrieg, die zwischenmenschlichen Folgen und sogar die Russen hinter uns gebracht. Und die Wahrheit ist, dass ich zu den Menschen gehört habe die ein wenig irritiert durch die Gegend geschaut haben warum keiner seiner Jacke nimmt und warum die Schauspieler nicht noch mal für einen Schlussapplaus heraus gekommen sind. Dann wäre es eben eines "dieser" Stücke gewesen. Damit hätte sich auch leben lassen.
Aber das geht nach der Pause weiter. Und ich möchte beim besten Willen niemandem die Erfahrung rauben da zu sitzen und irgendwo zwischen irritiert und amüsiert zu denken "Die bringen jetzt nicht wirklich dieses Lied, oder? Das glaube ich einfach nicht." Die Auswahl passt wirklich hervorragend. Und sie ist so universell, dass im Raum wirklich alle mitgekommen sind. Gut, das eine Lied von Silly musste ich im nachhinein erst mal suchen, aber ansonsten... absoluter Hammer. Hervorragend getanzt. Den Reaktionen der älteren Semester nach zu urteilen wurde das Zeitportrait auch wirklich gut getroffen.
Das Stück ist einfach in sich rund und der absolute Hammer.

Mal abgesehen davon dass wirklich alle Darsteller umwerfend waren:
Frank Schilcher, absolut verdient in der Hauptrolle.
Julia Zabolitzki, in einer wirklich hervorragenden Gesangsrolle.
Heidemarie Schneider, absolut beeindruckend, so wie alle anderen auch.
Aber der heimliche Star des Abends war eindeutig Florian Ulrich Stauch. Schon vor dem Stück informiert ein Schild an der Garderobe, dass er auf Grund einer Knie-OP im Moment nur bedingt einsatzfähig ist und seine Rolle daher auf zwei Darsteller aufgeteilt wurde. Er spielt nach wie vor den Wirt und Posaune und alle weiteren Aufgaben werden von einem weiteren Schauspieler übernommen. (Und es tut mir an der Stelle wirklich leid, dass ich mir nicht gemerkt habe wer das war, denn die Homepage der Bühnen Halle ist da im Moment keine wirkliche Hilfe.)
Und es ist mir egal, wie das Stück mal inszeniert war: die Version ist einfach genial. Mit einem Gesichtsausdruck irgendwo zwischen stoisch, höflich distanziert und 'Was geht's mich an?' bildet er den absoluten Ruhepunkt des Stückes. Alles was er tun muss ist eine Kinnbewegung andeuten oder mit der Krücke zeigen und sein Adlatus weiß was er zu tun hat. Dabei ist es vollkommen egal ob getanzt wird, die Nazis gerade die Welt in Trümmern legen oder die 68er übereinander herfallen: dieser Gesichtsausdruck bleibt.
Einfach Hammer.

Und dann nur noch zwei kleine Hinweise, dann habe ich wirklich lange genug an diesem Beitrag gesessen:
Wer beim Zuschauen noch ein oder zwei Sekunden Luft hat, kann den Blick immer wieder mal Richtung Theke schweifen lassen. Abhängig von der Epoche steht dort der eine oder andere zeitgenössische Musikapparat. Ein wirklich sehr schönes Detail, bei dem es schade wäre es komplett zu übersehen.

Und wer in der Pause absolut nicht weiß wohin mit sich: einfach mal sitzen bleiben und Lauscher aufstellen. Ich weiß beim besten Willen nicht wann ich zuletzt so viele unterschiedliche Frauen erlebt habe, denen es ein wahres Grundbedürfnis war zu diskutieren wie süüüüß/ niedlich/ gutaussehend/ beeindruckend oder sonst was einzelne Darsteller waren. Und ich versichere: ein beträchtlicher Teil von denen hat die Pubertät irgendwann im letzten Jahrtausend hinter sich gebracht...

So, es bliebt dabei: unbedingt ansehen! Das war richtig gut.
Und da immer noch nicht 100prozentig sicher ist, ob das Thalia bestehen bleibt, gilt es dass am Besten noch diese Spielzeit zu schaffen.

Donnerstag, 10. März 2011

"Mein" Thalia

Ich war am Samstag übrigens tatsächlich im Thalia Theater und habe mir die Disukssionsrunde Keine Kultur bei klammen Kassen? angesehen. Und, seien wir ehrlich, es war eine Wahlkampfveranstaltung mit Talkshow Charakter.
Claudia Roth meinte, dass sie sich für den Erhalt des Thalia Theaters stark machen möchte und zwei Tage später geistert durch die MZ, dass die Grünen jetzt aktiv am Hausvertrag mitduskutieren wollen. Oder so was ähnliches. Ich habe das nur überflogen. Denn am Ende war der Abend im Thalia zwar menschlich nett gemacht, aber inhaltlich wenig erhellend.

Aber, zumindest den Nebeneffekt hatte es: ich habe angefangen meine Position gegenüber dem Thalia mal zu überdenken.

Ich habe mich da am Dienstag mit S. darüber unterhalten und irgendwie stand plötzlich die These im Raum: Im Thalia gibt es irgendwie kein dazwischen. Im nT und in der Oper und in kleinerem Rahmen auch im Puppentheater gibt es viele Stücke, die, wenn sie schon nicht umwerfend gut sind, doch immer noch im guten Mittelfeld rangieren. Man verläßt das Theater vielleicht nicht als grundlegend neuer und geläuterter Mensch und man denkt auch nicht zwingend ewig über das nach was man da gesehen hat; aber es passiert ganz, ganz selten, dass man sagt etwas wäre eine absolute Zeit und Geldverschwendung gewesen. Im Thalia - zumindest in meiner Erinnerung - sind die Stücke entweder absolute Volltreffer, oder es geht komplett in die Binsen. Es gibt kein Dazwischen. Und auch wenn sich beides in meiner Erinnerung ungefähr die Wage hält, habe ich meine Meinung über das Thalia immer auf die Male gestützt, in denen es schief gelaufen ist.

Ich hatte mich vor einer Weile mal mit Y. über die Schließung des Theaters unterhalten und wir erinnerten uns beide noch sehr verschwommen an eine Aufführung die wir mal mit der Schule besuchen mußten. Keiner weiß mehr worum es ging, nur dass es uns nicht wirklich gefallen hat, darin waren wir uns ziemlich schnell einig.
(Und schon habe ich wieder den Jungen vor Augen, der nach der Vorstellung von Des Kaisers neue Kleider in der Oper lautstark verkündete, dass er nie wieder in dieses Haus gehen würde. Manchmal hat man bei so was nur einen Versuch und wenn der nicht zündet, dann war es das.)

Ich habe mir damals für einen Freund noch eine Menge mehr im Thalia angesehen.
Da war der Brotladen in der Rolltreppe. Brecht - zu dem ich eh ein sehr gespaltenes Verhältnis unterhalte - und Sprechchöre, in einem Gebäude das akkustisch beim besten Willen nicht dafür ausgelegt war. Rausgeworfenes Geld.
Die Faustinszenierung, der man nur folgen konnte, wenn man vorher das Stück gelesen hatte.
Hühner Manhatten. Das erste Mal in Deutschland. Und?
Und dann war da noch irgendwas mit Giraffenkind. Wir haben beide eigentlich erst in der letzten Viertelstunde verstanden was wir da sahen. Das kann auch mal nett sein. Ein bißchen wie die fünf Minuten, die man nach dem ersten Sehen von Die üblichen Verdächtigen braucht um alles neu zu ordnen, zu kontextualisieren und auf die Zusammenhänge hin zu überprüfen. Das ist ein Mal ganz nett. Aber nicht der Hauptgrund weswegen man ins Theater geht.
Irgendwo dazwischen habe ich zu ihm gesagt, dass ich mir das nicht weiter antun werde.
Auch wenn mir der absolute Super-Gau erst noch bevor stand: König Macius. Ich glaube die Kinder haben das vollkommen unbeschadet überstanden. Ich glaube selbst die Schauspieler sind aus der Nummer recht gut wieder heraus gekommen. Ich weiß dass der Regisseur auf jeden Fall zufrieden war. Nur mir dreht sich heute noch der Magen um wenn ich daran zurück denke. Wo sind eigentlich Pädagogen wenn man sie mal wirklich braucht?

Aber wegen irgendwas muß man das doch alles durchgehalten haben. Warum ist man nicht schon nach dem ersten Mal auf Nimmer Wiedersehen verschwunden? Aus Freundschaft? Nicht nur.

Denn das was zwischendurch gut war - egal wie weit ich das bisher verdrängt hatte - das hat richtig rein gehauen.
Im Verrückten Kaufhaus am Markt habe ich mir, trotz latenter Sozialphobie, einen Lippenstiffabdruck von einer vollkommen Fremden auf die Wange knutschen lassen und bin den Rest des Abends damit herum gelaufen. Wen kümmerts? Ganz bestimmt nicht den Schauspieler, der mit Langmut ertragen hat, dass ich seine Rezitation des Osterspaziergangs mitgesprochen habe, als wäre das vollkommen normal.
Im Hotel Neustadt habe ich meinen damals wirklich lädierten Zeh freiwillig in Fitwasser gehalten. Nicht weil es gesund war, sondern weil es als kostenloses Wellness-Fußbad durchging. Und ich habe gegen einen Bären Schach gewonnen. Der Bär muß wirklich schwer versucht haben mich los zu werden, denn ich bin normalerweise ein miserabler Schachspieler. Aber ich habe gewonnen, und das ganze noch in unter 10 Zügen. Wer kann das schon von sich behaupten?
Und dann haben sie im Volkspark noch mal etwas ähnliches aufgezogen. Ich habe laut und schief gesungen, weil ich viel zu spät mitbekommen haben, dass das ganze Haus zuhören konnte. Und ich habe mir damals aus reiner Blödheit beim Sandsackboxen eine Wunde an der rechten Hand zugezogen. Man sieht es nur wenn man wirklich genau hinschaut, aber die Stelle ist heute noch heller als der Rest meiner Hand.
Ich hätte auch sehr gerne die Kinderstadt mitgenommen, aber dafür war ich leider schon zu alt, als sie endlich hier in Halle ankam.

Und natürlich hat diese Art von Mitmachtheater einen ganz eigenen Reiz. Keiner unserer Eltern hätte sich das freiwillig angetan. Es hätte mit Eltern auch nur halb so viel Spaß gemacht. Das hat für ein paar Stunden wirklich mal nur uns gehört. Und das wird um so wertvoller, wenn man mal die Ehrlichkeit aufbringt, einzugestehen, dass wir als Hallenser nicht wirklich dazu neigen aus uns heraus zu gehen oder uns selbst überbordende Fröhlichkeit zu erlauben. Und ein Tag wirklich Narrenfrei im Jahr, der nicht von Jetzt fliegen gleich die Löcher aus dem Käse begleitet wird, kann da zu einem echten Geschenk werden.

Aber es ist ja nicht nur Mitmachtheater. Eine der klarsten Erinnerungen an einen Theaterbesuch habe ich im Zusammenhang mit einer Thalia Inszenierung. Es würde mich jetzt etwa zwei Stunden kosten den Reclam Schauspielführer es dem Regal zu zotteln und von hinten nach vorne durch zu blättern, bis ich den Titel wiedergefunden hätte. Die Zeit habe ich im Moment nicht mehr. Und es ist im Grund auch unwichtig.
Das ganze fand in einer leerstehenden Plattenwohnung direkt am Markt statt. Wir sind da rein gekommen. Jedem von uns wurde ein Glas Rotwein in die Hand gedrückt, ohne dass es wen gekümmert hat ob wir schon 16 waren. Freilich waren wir's. Aber das hat an dem Abend keinen gekümmert. Wahrscheinlich weil wir sonst um die Zeit eh nicht mehr ins Theater gedurft hätten, wenn es nicht der Fall gewesen wäre.
Ich habe die Karten nicht besorgt. Ich weiß noch nicht mal ob sich überhaupt wer darum gekümmert hat wie alt wir sind.
Also saßen wir drei einfach da, jeder ein Glas Rotwein in der Hand, und sind von einem Zimmer ins andere gegangen. In jedem Zimmer saß ein Schauspieler, hat durch alle Anwesenden hindurch gesehen und irgend eine Geschichte erzählt, so als würde er sie nur sich selbst in Erinnerung rufen und nicht auch uns preisgegeben.
Und irgendwo dazwischen saß ein Mann, ohne die leiseste Gefühlsregung und erklärte dass er sein Kind umgebracht hat. Die Polizei hält es für einen Unfall. Und ihm blieb keine Wahl. Er hatte mitbekommen, dass er entlassen werden sollte. Auf keinen Fall wäre er in der Lage gewesen seine Frau und alle Kinder durchzubringen. Eins weniger würde da schon einen Unterschied machen. Also hatte er es beim Mittagsschlaf unter die Decke krabbeln lassen und immer weiter krabbeln lassen. Und als es an der anderen Seite endlich angekommen war, hatte er es noch einmal umgedreht und wieder zurück krabbeln lassen. Irgendwo dazwischen ist es dann einfach erstickt. Die Polizei hält es für einen Unfall. Und ein Kollege hat ihm erzählt er sollte eigentlich befördert werden, aber das wäre nicht ganz das richtige für einen trauernden Vater. Deshalb sitzt er jetzt immer noch in seiner Abteilung. Nur seine Frau, die hatte ihn so komisch angesehen. Fast so als ahnte sie etwas...
All das ohne Wertung. Auch nicht selbstgerecht. Nur erzählend.
Diese eine Episode hat vielleicht 15 Minuten gedauert. Wenn überhaupt. Aber sie hat für mich mehr Fragen über richtig und falsch aufgeworfen als die gesamte Clockwork Orange Inszenierung.
Allein die Tatsache, dass ich mich 8 bis 10 Jahre später immer noch so gut daran erinnern kann, zeigt wie mich das beschäftigt hat.
Wahrscheinlich habe ich in diesem Beitrag sogar mehr über mich preis gegeben als über das Theater.
Aber ich bin dankbar für diese Erinnerungen.
Mehr für die zweite Hälfte als für die erste. Aber wenn ich als Vergleich einmal Die Singenden Rucksäcke heran ziehe, von denen ich weiß dass sie sehr lustig waren und mir gut gefallen habe, dann muß ich sagen, dass ich mich nicht einmal mehr an den Inhalt der Rucksäcke erinnern kann.
Die Fetzen, die ich weiter oben beschrieben habe, sind vielleicht auch keine vollwertigen Erinnerungen. Nichts woran man objektiv festmachen könnte, ob das Stück nun gut war oder nicht oder ob ich vielleicht einfach nur nichts mit dem Inhalt anfangen konnte.
Aber mit all dem da oben verbinde ich nach wie vor Geschichte aus meinem eigenen Leben. Und die Geschichten sind schon eine ganze Weile her.
Ich persönlich hoffe, dass Edgar Allan Poe auch in 10 Jahren noch ein paar Spuren in meinem Gedächtnis hinterlassen haben wird. Ob ich mich dann aber noch an die 39 Stufen erinnern kann, an Des Knaben Wunderhorn, Lulu, Ernst sein ist Alles... wobei, doch Oscar Wilde dürfte bleiben, damit verbinde ich mittlerweile auch genug Geschichten. Dann hat vielleicht sogar die Dorian Grey Inszenierung des Puppentheaters Chancen nicht einfach von meiner Festplatte zu verschwinden.
Aber so sehr ich Kultur brauche, so sehr die Bühnen Halle ein unverzichtbarer Bestandteil meiner Monatsplanung geworden sind, so viele Bildungslücken ich auch in den letzten anderthalb Jahren spielerisch und ohne bewußte Anstrengung geschlossen habe, so weit sich mein musikalischer Horizont auch zu meiner eigenen Verblüffung erweitert hat: ohne das Archiv auf der rechten Seite wüßte ich teilweise nicht mehr was ich letzten Monat gesehen habe. Wenn mir einer gegenüber den Titel erwähnen würde, würde ich mich sicher daran erinnern, dass ich da war und wie ich es fand.
Aus dem Stand nach dem empfehlenswertesten Stück gefragt, würde wahrscheinlich Heute weder Hamlet antworten. Vieles von dem ganzen Rest war wirklich gut, wirklich sehenswert, aber eben nichts dass sich in mein Gedächtnis eingegraben hat.
Natürlich ist das auch Subjektiv. N. war von den Gefährlichen Liebschaften hin und weg, während ich sie eher "o.k." fand und C. sich köstlich amüsiert hat.

Aber um auf den Punkt zu kommen: ich erinnere mich noch an fast alle Stücke die ich jemals im Thalia gesehen habe. Ich erinnere mich sogar noch an diese komische Eierburg, die sie mal vor dem Kleinen Thalia aufgebaut hatten.
Das ist in sich eine honorierenswerte Leistung, die dazu führt dass ich mich zu folgendem, noch vor einem Jahr vollkommen undenkbaren Statement hinreißen lasse:
Nur weil ich das Thalia meide, ich starke Vorbehalte habe oder ich das Programm nicht mag, heißt dass nicht, dass es in Ordnung ist, wenn dieses Theater stirbt. Es ist Teil meiner Biographie. Und es hat eine Reihe gute, aber vor allem jede Menge nachhaltige Erinnerungen zu meinem Leben beigetragen.
Es ist ein Angebot, dass auch heutigen Kindern erhalten bleiben sollte. Sie müssen es nicht mögen. Sie müssen es nicht zwingend nutzen. Wenn sie es für sich selbst entdecken, hat es einen viel größeren Eigenwert, als wenn sich jemand hinstellt und sagt: du mußt aber.

Es sollte erhalten bleiben. Nicht aus Prinzip, weil keiner es je wieder aufmachen würde, wenn es einmal dicht ist. Sondern als Selbstzweck. Als Reibungspunkt und um sich selbst positionieren zu können.

Und das sage ich, obwohl die Diskussionsrunde vor allem eines deutlich gemacht hat: die unzähligen Studenten, die mittlerweile ins Thalia kommen, hat die Intendantin gar nicht auf dem Schirm. Da war nur die Rede von "die Jugendlichen" und "die Randgruppen".
Vielleicht ist dass der Grund, warum es nie wirklich ein Theater für mich sein wollte.
Ich habe es trotzdem in meine Biographie integriert. Und bin heute glücklich darüber. Auch wenn es nicht immer einfach war.


Am Ende bin ich sogar bereit einzugestehen, dass mein Erinnerungswürdig ein genauso schwammiger Begriff ist wie Claudia Roths "es muß mich berühren".

Aber dieses latent konfuse Gestammel ist meine ehrlich Meinung. Heute ohne Zusammen Gestreiche, ohne noch mal Lesen und Blöd finden und umstellen und bis heute Abend sogar ohne Rechtschreibkorrektur, weil ich jetzt weg muß und wenn ich nicht den Veröffentlich Button drücke, finde ich vielleicht Gründe das hier nie zu veröffentlichen.
Wahrscheinlich interessiert es noch nicht mal jemanden.
Aber mir war es die Zeit wert, im Rahmen des mir möglichen, meine persönliche Meinung öffentlich zu vertreten.

Dienstag, 8. März 2011

Clockwork Orange

So, das ist jetzt glaube ich der Dritte Anlauf, das hier ins Netz zu stellen. Also sehen wir mal zu wie weit wir dieses Mal kommen.

Eine Kleinigkeit vorneweg: Ich habe zuerst das Nachwort gelesen, dann die erste Hälfte des Buches, dann das Theaterstück gesehen, dann die zweite Hälfte des Buches gelesen, dann kam der Film und momentan läuft der Audiokommentar der DVD.
So oder so, das ist die zweite Bildungslücke die ich dieses Jahr geschlossen habe.

Kommen wir nun also zum Theaterstück:
Das Ganze beginnt mit einem sehr zusammengekürzten Text von David Foster Wallace. (Der Text ist so gut, dass man ihn auf Englisch oder auf Deutsch auch mal komplett gelesen haben kann.) Weiter geht es mit Hier kommt Alex, das bekannte Lied von den Toten Hosen.

Und nun geht es wirklich los. Also ich gehe mal kurz davon aus, dass die Meisten wissen um was es geht: ein krimineller Jugendlicher wird schon wieder erwischt, landet im Gefängnis und wird "Gebessert", mit vorher nicht absehbaren Folgen.
Und es ist tatsächlich so, dass die Kostüme im Thalia meinen persönlichen Gedanken beim Lesen weitaus näher kommen als der Film. Und, das möchte ich schon mal vorweg schicken: wer den Stoff noch gar nicht kennt, der kann das hier durchaus mal gesehen haben. Ich persönlich würde vor allem das Buch empfehlen, aber konzentrieren wir uns mal auf das Theater Stück... und... es tut mir leid, aber ich kann das nicht höflicher formulieren:
die Inszenierung funktioniert für mich nicht.
Das beginnt mit Nadsat. Dabei handelt es sich um eine Jugendsprache mit starken Russischen Einflüssen. Der Programmzettel gibt eine Liste mit den wichtigsten Begriffen, aber bitte, wer lernt eine Viertelstunde vor einem Theaterstück noch eine Vokabelliste auswendig? Und wir reden hier schon von zwei oder drei Dutzend Worten.
Im Buch funktioniert es irgendwie, über Kontextbezüge, auf der Bühne hatte es fast nur noch was mit Raten zu tun. Das funktioniert auch, irgendwie, aber offen gestanden funktioniert es eher schlecht.

Und dann... ich glaube das nennt sich Pacing. Nagelt mich da nicht drauf fest, aber das war es, was mich in der zweiten Hälfte raus warf, sogar schon bevor ich wusste dass das Buch viel mehr Tiefe bietet.
Ich bin ziemlich genau bei der chemischen Behandlung ausgestiegen. Ich weiß nicht ob es daran lag, dass die "Filme", die Alex sich ansehen musste, als reine Allegorien angelegt waren. Natürlich habe ich verstanden was er da gesehen hat, aber gemessen an der Auswahl waren dass die harmlosesten Bilder, die man aussuchen konnte. (Da wäre es vielleicht wirkungsvoller gewesen, es den Zuschauern selbst zu überlassen, sich Bilder dazu auszumalen.) Oder, was wahrscheinlicher ist, es hat mit Burgess Fokus auf die Musik zu tun und der Tatsache, dass das hier am Rande abgehandelt wird und trotzdem kommt man immer wieder darauf zurück, ohne dass es wirklich eine Bedeutung erlangt.
Dann kam die "ich bin wieder zuhause" Szene, und ich glaube da war es für mich endgültig vorbei. Im Buch wird die Szene dadurch ruiniert, dass Alex aus dem Stand wie eine Figur von Shakespeare reden kann, die aus Versehens Nadsat einstreut, und das wirklich in erster Linie für den theatralischen Effekt. Das macht es allgemein schwer, seinen Gefühlsausbruch ernst zu nehmen. Aber wenn man dann auch da sitzt, die Mutter wird von einem Mann gespielt und der starke Mitbewohner von einer scheinbar verstörten Frau. Das mag eine brillante Idee sein, ist aber in einer Szene die höchstens zwei Minuten dauert wirklich schwer zu verkaufen.
Dann wurde so viel heraus geschnitten, dass Alex am Ende nur einer einzigen Person gegenüber tritt, und zwar dem Schriftsteller. Hier wurde meiner Meinung nach wirklich Potential vergeben. Wenn ein Haufen Rentner einen Jugendlichen zusammen schlagen, weil der sich nicht wehren kann, dann ist das genauso verstörend wie umgekehrt. Genauso wie staatliche Gewalt an Wehrlosen etwas sehr Verstörendes hat. Aber beides musste aus Zeitgründen weichen.
Statt dessen hat man dem Schriftsteller lieber noch ein paar nach Revolution klingende Worte in den Mund gelegt. Was dabei vollkommen untergegangen ist, ist die Tatsache, dass der Mann einen wirklich schweren Schlag verwinden musste. Aber wenn ein Darsteller, der aussieht wie ein verloren gegangenes Familienmitglied der Adams Family, schreit "wenn er das war dann bringe ich ihn um" und dabei gleichzeitig von seinen Gesinnungsgenossen von der Bühne geschleift wird... dann ist das im Grunde einfach eine Farce. Dass ist das gute Recht dieser Figur so zu fühlen, ich glaub es ihr nur nicht.
Und statt dem Thema ein oder zwei Facetten mehr zu geben, wird Alex am Ende als ein in Selbstbetrachtung versunkener Guttenberg gezeigt. Ich bin auch kein Fan dieses Mannes, aber Guttenberg ist - zumindest meines Wissens nach - kein Mörder. Ich kriege wirklich nicht mehr viel aus den Nachrichten mit, aber das wäre mir wahrscheinlich aufgefallen.

Unterm Strich bleibt zu sagen, dass es eine sehr gute Vorlage ist, die irgendwo in der Mitte ernsthaft Schaden erleidet, handzahm wird und irgendwie vor sich hin eiert, in der Hoffnung trotzdem zu funktionieren.
Ich habe das Publikum gesehen. Die Meisten waren begeistert. Das bin am Ende nur ich, mal wieder in viel zu mäkliger Stimmung. Und im Notfall kann man es immer noch auf mein persönliches Thalia Trauma schieben und sagen, ich sei da eh nicht vorbehaltlos.

Und auch wenn ich meine privaten Vorbehalte habe, war ich trotz oder eher gerade wegen der Kritik der MZ wirklich versucht, fair zu sein, es wirklich zu mögen, weniger mäkelig zu klingen... aber wenn das Grusseligste und gleichzeitig das Berührendste des Abends der letzte Monolog ist, der auf gar keinen Fall aus dem Clockwork Orange stammt (und der sich bisher auch über Google nicht hat finden lassen), der von einem Nebendarsteller gesprochen wird und mich auch Tage danach - im Gegensatz zum Stück - weiterhin beschäftigt... Dann wäre vielleicht am Ende eine Lesung eines anderen Textes sinnvoller gewesen...
Am Ende bleibt für mich wirklich die handzahme Umsetzung eines wirklich genialen Stoffes, die mit einigen Längen trotzdem noch funktioniert, aber einfach auf dem Weg viel zu viel eingebüßt hat.

(Tschuldigung, ich wollte es wirklich mögen. Gerade wo das Buch so unglaublich genial ist und mich der Audiokommentar der DVD immerhin noch bis Nachts um eins wach gehalten hat - aber etwas besseres kann ich darüber nicht sagen, ohne über meinen eigenen Eindruck zu lügen. Aber die Vorstellungen bisher waren voll, sucht euch wen den ihr kennt und der schon drin war und fragt da nach. Der Geschmack von Leuten die man persönlich kennt ist ohnehin immer viel besser abschätzbar als der eines komplett Fremden. - Was so ziemlich das einzige ist, was ich zur Rettung des Rufes vorbringen kann.)

Freitag, 4. März 2011

Und der Postbote hat endlich meine drei bestellten Edgar Wallace Boxen geliefert. Hat wer Interesse an Rezensionen zu alten Filmen? Großteil noch in Schwarz-Weiß. Eddi Arend und Klaus Kinski kommen oft vor... genauso wie Joachim Fuchsberger. Heinz Drache war glaube ich erst später...

Bevor ich das sicher sagen kann muß ich erst mal rein schauen.
Aber Nostalgie-Fernseh-Kiffen ist ja bekanntlich gut für den Geist. ^_~
(ein Mittermeier Zitat aus dem Programm Zapped, bevor hier wer auf falsche Gedanken kommt)

Das ist so surreal

Um herauszufinden ob ich tatsächlich mal wieder ins Thalia gehen sollte - das erste Mal nach mindestens sechs Jahren -  habe ich mir mal Clockwork Orange geholt. Weil ich seltsam bin lese ich NICHT die Neuübersetzung des Heyne Verlages (unter anderem weil die auf Amazon ziemlich zerrissen wurde und die auf den ersten Blick für mich die Sprache ein wenig weichgezeichnet hat). Und die ältere Übersetzung hätte ich heute frühestens gegen elf aus der Universitätsbibliothek abholen können.

Also nein, ich lese das ganze auf Englisch. Natürlich von Reclam, immerhin hat sich unsere Englischlehrerin immer geweigert, das mit uns zu lesen, weil viel zu viele russische Begriffe vorkommen. Und Reclam ist ja so nett die zumindest ein Mal irgendwo zu erklären. Ob man die Erklärung später wiederfindet, wenn das Wort ein zweites Mal auftaucht ist dann noch eine andere Sache.

Aber das ist irgendwie so surreal. Ich habe immer noch meine Russischlehrerin vor Augen, wie sie sich Ende der 10ten neben mich stellte und meinte "Sie wollen doch bestimmt auch aufhören, oder?". Und auch wenn der Wink mit dem Zaunspfahl, ich solle doch bitte das Fach abwählen, eigentlich eine Frechheit war, fiel mir nur eine Antwort ein: "JAAA!!!"

Die Russischen Buchstaben kann ich heute mit etwas Mühe und raten noch lesen, aber das war es dann auch schon. Und trotzdem - obwohl sämtliche Vokabeln verschüttet sind und auch mit Fußnoten nicht wirklich wiederkommen wollen - ich verstehe das Buch! Ich verstehe wovon der redet und was passiert. (Bin bisher auf Seite 50. Mehrere Menschen würden verprügelt, mehrere Bücher und ein Manuskript zerrissen, mehrere Vergewaltigungen, von denen nur direkt beschrieben wurde... und im Moment geht es um klassische Musik.)

Und ich verstehe was er sagt, auch wenn ich jedes 10te Wort nur raten kann... das ist so surreal.

Ob ich das wirklich alles sehen möchte, das ist dann noch mal eine andere Frage. Und ob es dann eher der Film oder eher das Theaterstück wird weiß ich auch noch nicht... aber vorerst ist das tatsächlich ein sehr anderes Buch. Bin mal gespannt wie es weiter geht. Grob 200 Seiten habe ich ja noch vor mir.

Donnerstag, 3. März 2011

"Walkyre gesprayt"

Für die Fans der gesprühten Kunst gibt es momentan sogar einen Mitmachaufruf der Bühnen Halle:

http://buehnen-halle.de/images/wandderverzweifelung.png
Eben im Halle Forum gefunden:

http://www.halleforum.de/go/30714

Am Samstag 19 Uhr findet eine Diskussionsrunde im Thalia Theater statt, wie es mit der Kultur und dem Theater in dieser Stadt weiter gehen soll, zum einen finanziell, zum anderen organisatorisch... unter anderem mit der Bundesvorsitzenden der Bündnis 90/ Die Grünen und der Intendantin des Thalia Theaters.

Vielleicht ein wenig kurzfristig und Samstag Abend ist vielleicht nicht der beste aller denkbaren Zeitpunkte für so was, aber wer Interesse hat kann mal hinschauen. Der Eintritt ist frei.

Dienstag, 1. März 2011

Siegfried W. Kernen - Geistesblitze und Theaterdonner

Heute mal etwas wirklich Schönes, dass ich durch reinen Zufall in der Stadtbibliothek gefunden habe:
Siegfried W. Kernen - Geistesblitze und Theaterdonner

Der Grundaufbau der CDs entspricht einem Theaterbesuch, also angefangen mit dem Geplauder vor der Vorstellung und endend mit der Frage "Wo kann man in dieser Stadt jetzt noch hingehen?". Und während dieses imaginären Theaterbesuches wird mit spitzer Zunge, viel Humor und einer Unmenge geistreicher Zitate der ganz normale Wahnsinn auf, vor und hinter der Bühne beschrieben.

Sehr amüsant, auch wenn man wirklich bewußt zuhören muß, wenn man nicht den Faden verlieren möchte, wer gerade von wem wie und in welchem Zusammenhang sein Fett weg bekommt.
Aber sehr amüsant und geistreich - wie eigentlich immer, wenn sich berufene Zungen wie Oscar Wilde oder Bernhard Shaw über ihre Zunft auslassen. Aber auch Kritiker, Schauspieler, Regisseure und andere Beteiligte bekommen ihren Teil ab.

Dazu noch ein oder zwei musikalische Unterbrechungen.
Und es handelt sich hier um einen Live-Mitschnitt, was sehr zur Atmosphäre beiträgt.

Wirklich schön, eine glatte Empfehlung von mir und mit Abstand die beste spontan-Entleihung die ich bisher getätigt habe.