Sonntag, 13. Februar 2011

Pension Schöller

Ich habe zwar das Gefühl mich heiser gelacht zu haben, aber bitte: gestern war Hammer!

Und da mir neulich wirklich mal wer unterstellt hat ich würde über journalistische Fähigkeiten verfügen, schauen wir mal wie weit wir hier vor dem Mittag noch kommen:

Also:
Die Pension Schöller ist ein Lustspiel von Wilhelm Jacoby und Carl Laufs, welches 1890 in Berlin uraufgeführt wurde und das auch in Berlin spielt. Mit insgesamt 7 Verfilmungen zwischen 1930 und 1997 ist das Stück wahrscheinlich mal wieder bekannter als ich anfangs dachte. In einem Film von 1980 hat sogar der verstorbene Harald Junke mitgespielt.
Wie auch schon einmal gesagt sollte das eigentlich Reinhard Straubes Abschied vom festen Ensemble der Bühnen Halle einleiten. Nun bleibt er uns doch noch eine Weile erhalten (wie man mir an der Theaterkasse mitteilte) und das Stück wird trotzdem gegeben. Besser geht es doch eigentlich kaum - was sich im übrigen auch viele Hallenser gedacht haben. Trotz Konkurrenz durch Wetten das...? war gestern definitiv ausverkauft. Und wer zu spät kam, musste auf alternative Sitzplätze ausweichen. So was habe ich bisher nur im Puppentheater erlebt und das ist ja eine ganze Ecke kleiner.

Und was hat die nun Alle ins Theater gelockt? Die skurrilste Pension aller Zeiten: ein lebendes Krokodil samt Weltenbummler, eine Schriftstellerin, ein angehender Schauspieler mit Sprachfehler, heiratswütige Damen, ein duelierwütiger Major, überdrehte Verwandtschaft und jede Menge Missverständnisse.
Das Ganze verhält sich nämlich folgendermaßen:
Klapproth Senior, gespielt von Reinhard Straube, möchte nach seiner Pensionierung noch etwas erleben in der Welt und bittet seinen Neffen ihn mal auf eine Soiree einer Nervenheilanstalt mitzunehmen. Er habe nämlich gehört, dass es so was gebe. Und das würde er doch zu gerne einmal sehen.
Sein permanent verzweifelter Neffe Alfred, gespielt von Peter Weiß, stimmt nur aus einem einzigen Grund zu: sein Onkel hat ihm das Geld für die Eröffnung eines eigenen Künstlercafes in Aussicht gestellt. Aber dafür muss die Soiree her. Was also tun? Ganz einfach: die Pension Schöller als Nervenheilanstalt verkaufen. Genug skurrile Menschen laufen herum. Das wird dann schon irgendwie schief gehen... und zwar ganz gewaltig.

Ich habe mir heute morgen mal den eText dazu angesehen, der auf Wikipedia verlinkt ist. Und ohne das ganz gelesen zu haben, bin ich mir sehr sicher, dass ein paar grundlegende Streichungen und Aktualisierungen vorgenommen wurden. Geschadet hat es nicht. Nachdem das Publikum einmal warm wurde, brach sich ein Lacher nach dem anderen der Weg. Kein Wunder: geboten wird eine wunderbare Mischung aus Doppeldeutigkeiten ("Wärter, Wärter!" "Nicht Werther, Hamlet."), Absurdität (mein Favorit ganz klar Matthias Zeeb als weltreisender Professor Bernhardy), Situationskomik (der Gesichtsausdruck von Peter Weiß, aber auch von Herrn Straube ist mitunter unbezahlbar) und absolut überdrehter Selbstdarstellung.

Ich war übrigens mit N. im Theater und ihr Favorit war eindeutig Danne Hoffmann als Eugen. Eugen ist der Neffe von Schöller und hat sich in den Kopf gesetzt Schauspieler zu werden. Wenn da nur der Sprachfehler nicht wäre... welcher im übrigen so harmlosen Worten wie Necken eine vollkommen neue Dimension eröffnet.

Nun besteht das Stück natürlich nicht nur aus vier Personen.
Da wäre noch Ida, die Schwester von Klapproth Senior, gespielt von Petra Ehlert. Eine eher kleine, aber feine Rolle.
Schöller wird von Karl-Fred Müller gespielt. So viel zu tun hat er auch nicht, aber er umschreibt seine Pensionsgäste durchaus charmant.
Die wahrscheinlich kleinste Rolle hat Marie Bretschneider erwischt, die als Schöllers Tochter wie die Faust aufs Auge passt, aber gefühlt keine 10 Sätze sagt.

Fehlen noch drei:
Jörg Simonides als Zahlkellner. Kennt hier eigentlich wer den Witz von Mittermeier, in dem er zu einem österreichischen Ober meint "Eine Osram wäre nicht schlecht?". So ungefähr ist diese Rolle angelegt. Wobei, subjektiv wurden wir alle schon mal von solchen Menschen bedient. So lange es nicht uns, sondern anderen passiert, hat es ja durchaus seine Momente.
Joachim Unger gibt einen Major und zwar einen mit einem Haufen Neurosen. In die Zeit in der das Stück spielen soll passt es hinein. Immerhin werden hier sogar noch Telegramme verschickt!
Und, last but not least, Hannelore Schubert als Schriftstellerin. Den Running-Gag mit ihrer Herkunft fand ich jetzt nicht so zündend. Aber das Gespräch zwischen ihr und Patra Ehlert ist Slapstick Gold vom feinsten.

Und bevor es dann essen geht nur noch ein Wort zum Bühnenbild:
Einfach Spitze!
Die Darsteller werden zwar über die Treppe geflucht haben, aber wirklich schön gemacht. Und drehbar. Ich will nicht alles verraten, aber wirklich ansprechend gemacht.

Einziger Wermutstropfen: wie alle schönen Stücke gefühlt viel zu schnell vorbei. Gerade nach der Pause hatten wir das Gefühl wir hätten uns gerade erst hingesetzt und trotzdem ist es schon Zeit für den Schlussapplaus.
Aber genau so soll es ja im Grunde auch sein.

Na dann: vielleicht nicht so journalistisch wertvoll wie S. sich das vorgestellt hat, aber sei es drum: von mir beide Daumen nach oben und eine Blankoempfehlung. Das Stück war wirklich sehenswert.

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