Man mag es ja kaum glauben, aber ich habe mir heute mal eine Premiere gegönnt. Und dabei war ich vor ein paar Tagen eigentlich noch am überlegen ob ich mir das Stück überhaupt ansehen werde:
Die gefährlichen Liebschaften.
Zwischen mir und einer Freundin ist das im Grunde so etwas wie ein Runing Gag. Sie hat noch zwei Bücher von mir und ich habe die Gefährlichen Liebschaften von ihr. Ein Zustand der sich mittlerweile in Monaten messen lässt. Eigentlich wollten wir mal zurück tauschen. Und eigentlich hatte ich mal den Anspruch das auch zu lesen.... Nur gab es da diesen Film... und die Briefe ziehen sich... und Wiki hat mich sehr schnell davon überzeugt, dass der Inhalt doch halbwegs vorhersehbar ist...
Naja, jedenfalls liegt ihr Buch immer noch hier und meine sind noch immer bei ihr. Und auf verworrenen Wegen bin ich heute in der Premiere gelandet.
Für die 30 Minuten davor zählt wie immer: es ist faszinierend was man alles hört wenn man mal die Lauscher aufstellt.
Und dann geht es auch schon los.
Das Bühnenbild konnte man auch schon vorher bewundern. Nennen wir es mal minimalistisch. Aber eigentlich schön.
Oh, und nicht zu unterschlagen: das Programmheft. Für den minimalen Umkostenbeitrag von 50 Cent erhält man einen kleinen Brief, mit Siegel, zum selber brechen, aufschlagen, auseinanderfalten und lesen, leichte Alterspuren inklusive. Ja, ich gebe es zu, ich bin leicht zu beeindrucken, aber kommt schon: wann hatte man mal solch einen Brief in der Hand? Der Inhalt hat mich nicht so viel weiter gebracht, aber durch die Blume wird auch im Programmbriefchen gesagt, dass es auf Grund der Vorlage einfach darum ging, etwas Flair zu transportieren.
Das es sich bei dem Original um einen Briefroman handelt sagte ich? Jaja, der Germanist in mir möchte mal wieder Klugscheißen, aber stimmen tut es. Und wie das immer so ist wenn was alt ist: eines der stilprägenden, innovativen, in ihrer Zeit skandalösen... wie auch immer.
Zurück zu heute Abend:
Wir hatten Verwicklungen, Intrigen, Liebe, Blut... Das volle Programm eben. So weit ich das überblicke wich das Ende minimal vom Original ab, aber nicht wirklich dramatisch.
Was mich - Germanist durch und durch - wirklich begeisterte, waren die mitunter herrlich doppeldeutigen Antworten. Das Stück ist kein zweites Ernst sein ist Alles, bei weitem nicht. Aber es hat seine durchaus erheiternden Momente.
Und einen Moment, bei dem zumindest mir jedes Lachen im Halse stecken blieb. Sagen wir mal: nichts für übermäßig Zartbesaitete und ohne viel Ahnung von Pädagogik würde ich in das Stück keine Kinder mitnehmen.
Davon abgesehen habe ich nur einen einzigen Kritikpunkt: die Musik.
Nichts gegen die Gorillaz. "I'm happy, ..." erkennt glaube ich in meiner Generation jeder nach ein oder zwei Takten. Aber zu einem Theaterstück, dessen Vorlage aus dem 18ten Jahrhundert stammt und dessen Inszenierung sich Mühe gibt sich nirgendwo zeitlich verankern zu lassen (von Klöstern abgesehen....), passt es meiner Meinung nach nicht. Also... es passte irgendwie schon. Bis es mir aufgefallen ist. Danach fand ich eher befremdlich.
Ansonsten muss ich sagen: die Möglichkeiten zu Auf- und Abgängen waren reichlich und wurden auch genutzt.
Oder in Kurz:
Beeindruckend. Teils abgeklärt, teils naiv, teils witzig, teils ernst...
Es hat auf jeden Fall etwas.
Nur die Musik, und vielleicht das Ende, dämpfen den Eindruck ein wenig.
Ich kenne das Buch in groben Zügen und den Film Eiskalte Engel. Aber wie das mit den Briefen am Ende genau zusammen hing... naja, es ist im Grunde auch nicht wichtig. Eben so wenig wie die Tatsache, dass die letzten Sätze des Stücks ein wenig aus der Handlung heraus fallen. Es ist trotzdem sehenswert. Auch ergreifend. Und man merkt nicht wie die Zeit vergeht.
Und wenn ich heute nicht ohnehin schon ein wenig neben mir stehen würde, würde der Inhalt bestimmt auch den einen oder anderen kritischen Gedanken zum Thema Geschlechterbeziehung hervorrufen...
Es ist gut. Es ist sehenswert. Aber nicht perfekt. Trotzdem eine Empfehlung. Zumindest von mir...
Mal schauen was die MZ übers Wochenende dazu zusammen klöppelt...
Edit:
So, wach und noch vor dem ersten Kaffee habe ich erst Mal ein paar kleinere Rechtschreibfehler ausgeglichen. Und was ist mir bei der Gelegenheit aufgefallen? Dass ich gestern nun extra ein neues Tag ins Leben gerufen habe, nämlich "Premiere", und genau dazu eigentlich sehr wenig gesagt habe.
Also, was unterscheidet nun eine normale Vorstellung von einer Premiere? Die ehrliche Antwort ist: nicht so viel.
Die Karten sind etwas teurer, man kann so ein Stück schließlich nur ein Mal zum ersten Mal spielen. Ich hoffe im Grunde auch, dass das der Hauptgrund war, warum der Saal halb leer war. Erm, halb voll. Ich fühle mich heute mal eher positiv eingestellt.
Dann befindet sich auch der eine oder andere Schauspieler oder anderweitige Mitarbeiter der Bühnen Halle im Publikum. Und dem kleinen Tisch mit Material für die Presse nach dürften an die 20 Journalisten da gewesen sein.
Das sitzt dann Alles homogen nebeneinander, sieht das gleiche Stück und ist hoffentlich begeistert. Und wenn das Publikum richtig mitfiebert, landet es vielleicht sogar als Fußnote in der einen oder anderen Rezension.
Ansonsten teilte sich das Publikum schön ein: etwa die Hälfte trug Anzug, Kostüm und vergleichbares, und der Rest war eher leger unterwegs.
Und jeder der da war hat die Möglichkeit die Mund zu Mund Propaganda anzustoßen.
Das war es dann aber auch schon.
Und nachdem der Eintrag mal wieder länger geworden ist als er sein sollte, gönne ich mir jetzt erst mal einen Kaffee und gehe dann zur Einführungsmatinee zu Anatevka. Man gönnt sich ja sonst nichts... *g*
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