Also gut, zwei Bemerkungen vorne weg, bevor ich wieder versuche halbwegs nett zu sein:
Als ich gestern aus Des Kaisers neue Kleider heraus kam erklärte ein Junge gerade lautstark seiner Klassenlehrerin, dass er nie wieder in die Oper gehen wird. Ich kann es ihm schwer verübeln. (Was irgendwie ein allgemeines Problem zu sein scheint. Ein Bekannter von mir ist etwa so alt wie ich und studiert ebenfalls, aber er war absolut baff als er damals in den Singenden Rucksäcken mitbekam, dass man im Theater nicht nur lachen und klatschen darf, sondern dass das sogar gewünscht ist. Darauf hatte ihn weder die Schule, noch seine Mutter - die immerhin Musiklehrerin ist - adäquat vorbereitet. Und Stücke wie das von gestern sind Teil der Begründung.)
Als Schulvorstellung wäre das ganze wahrscheinlich gar nicht so schlimm gewesen, wenn ich Teile der Zuschauer nicht schon in der Bahn hätte ertragen müssen.
Und: es war nicht ganz so schlimm wie erwartet, aber es war auch nicht unbedingt gut.
Und um hier die berechtigte Frage einer Freundin aufzugreifen: warum gebe ich Geld für so etwas aus, wenn ich von vorn herein nicht davon ausgehe dass es gut werden wird?
Und die ehrliche Antwort ist eine Mischung aus Neugier und Masochismus.
Ab hier wird es dann etwas länger. Wer direkt meine Eindrücke vom Stück lesen möchte kann diesen Absatz überspringen. Und für alle anderen kommt hier noch mal eine kleine Pause sich was zu trinken zu holen. Fertig? Dann weiter.
Erinnern sich hier noch alle dunkel an Elke Heidenreich? So was wie die weibliche Version von Marcel Reich-Ranicki. Gut, der Vergleich hinkt ein wenig, aber an den erinnern sich wenigstens noch die meistens, nachdem er vor zwei Jahren einen Preis von ARD und ZDF abgelehnt hat, weil er die Veranstaltung unzumutbar fand und das Fernsehen gleich mit. Thomas Gottschalk hatte das ganze mit einer Mischung aus Löwenbändiger, Entertainer und Diplomat so gerettet, dass man das gerne in einer Sondersendung mal ausdiskutieren könne (aber heute Abend wird erst mal gefeiert). Die Sondersendung hat sich dann schon kein Mensch mehr angesehen, aber das ist ein anderes Thema.
So, Frau Heidenreich hatte zu dem Zeitpunkt noch ihre Lesen Sendung beim ZDF, allerdings lief die glaube ich nur jeden dritten Dienstag im Monat um 23Uhr oder so was obskures. Es war also was, dass kein normaler Mensch wirklich regelmäßig geschaut hat, weil man es viel zu oft vergessen hat, dass man da doch eigentlich einschalten wollte - wenn das denn überhaupt der Fall war.
Diese Frau hat sich nun sehr wortgewaltig hinter Marcel Reich-Ranicki gestellt, er sich aber nicht hinter sie, als das ZDF dann meinte "wer so über seinen Arbeitgeber schimpft kann sich gerne einen anderen suchen" und Frau Heidenreich kurzerhand herausschmiss.
Die Lesen Sendung wanderte dann erst mal ins Internet ab, wo Liebhaber der digitalen Archäologie sie heute noch finden können. Eine der ersten Sendungen hatte Campino als Gast, frei nach dem Motto: dann schauen wenigstens ein paar der jüngeren Zuschauer noch zu.
So, was hat diese Frau jetzt mit Musik zu tun?
Die Frage habe ich mir das erste Mal gestellt, als ich neulich am Aufzug im Musikinstitut etwas warten musste. Da hing noch das Plakat der Filmmusiktage und weiter unten prangte "Text: Elke Heidenreich". Wie ich heute weiß handelte es sich dabei um ein Auftragswerk: der Text von ihr, die Musik von ihrem Lebensgefährten. Auch eine etwas gruselige Arbeitskombination, aber wenn die Beziehung das aushält, bitte.
Und wenn man dann erst mal anfängt ein wenig im Internet zu stöbern, findet man immer wieder Stimmen, die behaupten Frau Heidenreich hätte richtig Ahnung von Musik.
Also habe ich mal eben die Tatsache beiseite gewischt, dass ich ihr MacBeth Schlafes Mörder nichtssagend fand und bin gestern mal wieder in die Oper. (Musik Hans Lofer, Text Elke Heidenreich, Orchesterbearbeitung Marc Aurel Floss. Das ist ein anderes Werk als das zu den Filmmusiktagen, nur damit hier keiner durcheinander kommt.)
Ich dachte mir: das musst du sehen um es zu glauben. Und in gewissem Sinne habe ich es gesehen und kann es immer noch nicht glauben, aber dazu kommen wir ja jetzt.
Und ich wusste vorher dass es eine Schulveranstaltung wird. Und ich bin trotzdem hin. Manchen ist eben einfach nicht mehr zu helfen.
Kommen wir jetzt endlich mal zum Stück
Die Bühnen Halle schreiben, und das muss ich zitieren, weil ich das nicht so gut formulieren kann (aus purer Ignoranz): Eine komische Oper "...die musikalisch eine Vielzahl parodistischer Elemente und Motive großer Opernwerke enthält." (Zitat von hier entnommen)
Das sind Dinge die ich nicht höre. Mir fehlte dazu einfach zu viel Hintergrundwissen. Aber da war ich an dem Tag wohl nicht allein. Und ich muss ehrlich sagen, dass ich die Musik nicht sonderlich mochte, einfach weil ich schon wesentlich melodischeres gehört habe. Ist aber nur mein persönlicher Eindruck.
Der erste faszinierende Teil war, dass sich ein Haufen unruhiger Kinder wirklich mit einer Modenschau ruhig stellen lassen. Ich hätte das nicht für möglich gehalten. Und für die die noch nicht da waren: um den Musikergraben wurde eine Art Cat-Walk gelegt, auf dem Teile der Handlung statt finden. Unter anderem besagte Modenschau. Daher ist erste Reihe Parkett ausnahmsweise wenig empfehlenswert, es sei denn man steht auf Nackenstarre.
Nächste Feststellung: Herr O'Connor sieht aus, als wäre er einem Dick Tracy Vorsprechen entlaufen. Das würde in dem Aufzug wahrscheinlich jeder, aber... naja.
Das Bühnenbild ist allgemein eher dunkel. Am besten macht man sich davon selbst ein Bild, und zwar hier. Ich habe schon wesentlich schlimmeres gesehen, finde es aber für ein Kinderstück vielleicht etwas zu nüchtern. Jaja, es ist in dem Sinne kein Kinderstück, sondern was für alle Altersklassen. Es ist aber einfach so, dass ich gestern wirklich in einer Schulvorstellung saß und nach einer Viertelstunde fielen Worte wie transzendental und metaphysisch. Ich frage mich immer noch wie viele Anwesende das wenigstens im passiven Wortschatz haben. Und ab welchem Alter waren Kinder noch mal für Wortspiele empfänglich? Die zwei Frauenfiguren heißen Lametta und Angina, inklusive einem Lied mit der bezeichnenden Zeile "Ich liebe meine Angina." Ich will gar nicht wissen wie viele das wenigstens als absurd zur Kenntnis genommen haben. Um jetzt mal nur ein Beispiel zu nennen.
Oder in kurz: Eine komische Oper die mal wieder nicht wirklich lustig war. Die konstanten Kostümwechsel stellen sicherlich eine Leistung in sich dar. Über Musik lässt sich immer streiten, aber mir hat sie nicht gefallen. Und wirklich Kindsgerecht fand ich das Stück auch nicht. Und es wird ein oder zwei Jahre dauern bevor ich Frau Heidenreich noch mal eine Chance gebe, falls das überhaupt noch mal passiert.
Nicht falsch verstehen, auch diese Kunstform wird ihre Liebhaber finden und Leute die es mögen. Nur ich gehöre nicht dazu. Und ich mache den Kindern von gestern nicht wirklich einen Vorwurf, wenn sie auch nicht dazu gehören. Es gab kaum Möglichkeiten zur Interaktion (was ja zumindest im Opernfoyer immer einen Teil des Reizes ausmacht) und wer möchte dass sich die lieben Kleinen wirklich amüsieren, sollte sein Glück dann vielleicht wirklich bei den Stücken im Opern Foyer ausprobieren, beim Nussknacker oder für Fortgeschrittene notfalls auch in der Zauberflöte (auch wenn die für Kinder meist zu lang ist). Aber das...
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