Also gut, aller guten Dinge sind drei, darum fangen wir hier noch einmal komplett von vorn an... mit der Hilfe von ein wenig Kaffee.
Und während das Koffein sich langsam seinen Weg sucht, hier noch zwei kleine Anekdoten:
Ich habe wie meistens die Karte erst wenige Sekunden vor der Angst geholt und kam daher tatsächlich in den Genuss mal einen Schauspieler zu erleben der sich (ich denke mal aus Zeitnot) an der Kasse kommentarlos vordrängelte.
Und ich habe einen Bekannten im Publikum entdeckt (passiert selten genug und ist wirklich eine eigene Erwähnung wert), der meine Meinung teilte: das Stück war umwerfend. Wir sind uns nicht darüber einig geworden wie gut oder schlecht nun der Theatermacher sei, aber hier hatten wir den gleichen Geschmack.
Und, kleiner Tipp für Alle die noch nicht waren: ruhig eine Viertelstunde eher da sein und Platz nehmen. Es gibt auf drei Seiten eine Projektion die schon einmal auf das kommende Stück einstimmt. Abgesehen davon, dass ich den Stil wirklich mochte, gehört es ja auch irgendwie mit zum Gesamterlebnis. Da kann man sich die Projektion auch mindestens einmal ganz ansehen.
Und damit geht es los: Vorhang auf, der erste Blick auf das Bühnenbild und: WOW!
Ja, in dem Fall wirklich in Großbuchstaben.
Um das ganz grob zu umreißen: Sehr verhaltene Farben, es gibt kleinere Wasserflächen, Wege dazwischen, einen Umlauf mit mehreren Ebenen und vorne noch genug Platz die Schiffsimprovisation vorbei fahren zu lassen. Dazu noch brennende Kerzen im Wasser. Und nicht nur wächst einem das Bühnenbild schnell ans Herz, es vermittelt außerdem eine sehr eigene Atmosphäre.
Oder, um langsam mal auf den Inhalt zu kommen: Der Sturm handelt von einem vertriebenen Herrscher, der mehr oder weniger forciert Rache übt. Hilfreich sind ihm dabei diverse Elementargeister und eine Prise Zufall.
Germanisten und Anglisten könnten hier jetzt noch weiter ausholen. Ob es nun wirklich Shakespeares letztes Stück war oder nicht. Und was er damit überhaupt sagen wollte. Im Rahmen dieses Blogs möchte ich eigentlich nur darauf hinweisen, dass es zwar ein bekanntes Werk ist, es aber nur bedingt die Dinge enthält für die Shakespeare berühmt wurde: es gibt keine humorvollen Liebesverwicklungen, es stirbt keiner auf besonders tragische Art. Prosperos Verhalten Caliban gegenüber würde man aus heutiger Sicht als rassistisch bezeichnen. Und Miranda, eine der wenigen weiblichen Figuren, ist mit "weltfremd" auch noch sehr vorsichtig umschrieben...
Und das soll sich jetzt wer ansehen? Warum?
Vielleicht aus einem so einfachen Grund wie der Tatsache, dass sich das Stück erst im Sehen richtig erschließt.
Ich habe den Sturm schon zwei oder drei Mal gelesen. Wobei die Standartfloskel für die meisten größeren Werke der Weltliteratur eh lautet, dass man sie immer wieder neu lesen kann und immer anders entdeckt. Mir hat sogar mal jemand gesagt, Faust könne man frühestens mit Mitte 30 richtig verstehen. Das hat keinen davon abgehalten uns schon in der 10ten... naja, das sind auch wieder andere Themen.
Fakt ist, dass ich den Sturm bisher nie so gelesen habe.
Prospero ist schon nicht mehr ganz von dieser Welt, Ariel liegt ihm mitunter scheinbar mehr am Herzen als seine eigene Tochter und... ach, nenne wir das Kind beim Namen: Jörg Lichtenstein als Vertriebener hatte - zumindest für mich - eine unglaubliche Bühnenpräsenz. Daneben wirkte Alonso mit seinen "Beratern" schon fast ein wenig blass. Nicht dass sie schlecht waren, ich war einfach nur nicht böse als sie endlich wieder verschwunden sind und es mit den Teilen der Handlung weiter ging, die mich mehr interessierten...
So, und jetzt musste ich erst mal das Programmheft wieder vor wühlen, bevor es in der richtigen Reihenfolge weiter gehen kann.
Natürlich waren die Schauspieler gut. Hilmar Eichborn gibt einen wirklich gut nachvollziehbaren Caliban, um nur ein Beispiel zu nennen. Und auch Magda Lena Schlott als Miranda hat mich beeindruckt.
Aber wer an dieser Stelle wirklich namentlich erwähnt werden muss ist Steffi König als Ariel. Was sie neben dem schauspielerischen noch gesanglich geleistet hat ist absoluter Hammer. Und das sage zur Abwechslung mal nicht nur ich als Musiklaie, sondern auch der weiter oben erwähnte Bekannte, der seines Zeichens immerhin Musikwissenschaften studiert hat. Und das sehr erfolgreich.
Zwei kleine Kritikpunkte hätte ich an der Stelle aber doch noch, nur damit es nicht ganz so einseitig aussieht:
Das Stück ist offiziell eine Co-Produktion zwischen nT und Puppentheater. Worunter ich persönlich mir so etwas erhofft hatte wie etwa in Shockhead Peter. Die Darsteller des Puppentheaters einfach mit einer Maske auf die Bühne zu stellen ist sicherlich legitim, es hat dem Stück auch keinen Abbruch getan. Alles andere wäre vielleicht auch schwer realisierbar gewesen. Ich finde es trotzdem ein klein wenig schade.
Und: Zwei Euro für das Programmheft sind eine Frechheit. Ich neige normalerweise dazu so was netter zu formulieren, aber trotzdem: hier ist auf jeden Fall was schief gelaufen. Das betrifft weniger das Heft selbst. Es handelt sich um wenig aussagekräftigen Text, unterlegt mit einer sehr schönen Fotostrecke, an der man das Entstehen von Bühnenbildern und ähnlichem verfolgen kann. Wer sich, wie ich, für solche Dinge begeistern kann, soll gerne zugreifen. Aber was war mit dem Grafiker los? Bis auf zwei Seiten ist das Heft sehr professionell gemacht, aber die zwei Seiten die es betrifft sehen aus als hätte ich fünf Minuten in Gimp gespielt, und zwar mit einem Bild dessen Auflösung eigentlich zu gering ist.
Ich weiß nicht was mutiger ist: das als Arbeit abzugeben, zu sagen dass das so gedruckt werden kann oder sich hin zu stellen und den Leuten zwei Euro dafür aus der Tasche zu ziehen, weil es so im Arbeitsvertrag steht...
Also in kurz:
Stück: absoluter Hammer. Super Inszenierung, sehr gute Darsteller, wunderschönes Bühnenbild, schöne Projektion zu Beginn, sehr schöner Gesang. Absolut sehenswert.
Programmheft: Nur für Liebhaber empfehlenswert.
Extra-Hinweis: Ruhig eine Viertelstunde eher da sein und die Projektionen genießen.
Und damit viel Vergnügen im Theater!
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