Freitag, 18. Juni 2010

Mein Freund Bunbury

Als ich neulich auf Arbeit mal wieder eine Frage hatte und vor gelaufen bin, kam ich an einem Rechner vorbei, auf dessen Bildschirm ein Zitat von Bunbury stand. Ich habe leider schon wieder vergessen was. Ich glaube so was abstruses wie "Das Leben ist Ernst", dass meines Wissens nach weder aus dem Theaterstück noch aus dem Musical stammt, aber ich habe die nächsten fünf Minuten einfach mal fröhlich vor mich hin gesummt und mich wieder in die Arbeit gestürzt...

Und nun, zur Klärung, bevor wir weiter machen:
Bunbury ist auch unter den Titeln "The Importance of Being Ernest", "Ernst sein ist wichtig" oder "Ernst sein ist Alles" bekannt. Das ganze wurde 1895 das erste Mal im Theater aufgeführt und gehört meiner bescheidenen Meinung nach zum genialsten was Oscar Wilde jemals geschrieben hat. (Neben dem Bildnis des Dorian Grey und Salome) Wer wirklich keine Ahnung hat worum es geht: die absolut sehenswerte Verfilmung mit Rupert Everett kommt aller paar Monate auf Tele 5. Das angesprochene Theaterstück ist immer noch im Hoftheater des nT zu bewundern und wirklich sein Geld wert.

Und dann war da noch das Musical. Bunbury. Auch bekannt als "Mein Freund Bunbury"... und schon bin ich wieder am summen.

Leider kommt das Stück nicht mehr in der Oper, nach ausreichend vielen Vorstellungen wurde es vor ein paar Monaten abgesetzt. Aber das hindert mich ja jetzt nicht daran, noch in ein paar nostalgischen Erinnerungen zu schwelgen.

Was mich zu Beginn ein wenig geärgert hat, war, dass fast alle Dialoge von Algernon wegfielen. Für mich ein ehrlicher Verlust, der allerdings der Musicalform geschuldet ist. Dafür blieb die Figurenkonstallation und die Haupthandlung gleich. Und die Ehetauglichkeitsprüfung war ebenfalls dabei - für mich eine der genialsten Szenen die das Theater jemals hervorgebracht hat.

Und das Bühnenbild... praktisch die Hälfte des Stückes schaute man auf eine Hommage auf Edward Hoppers "Nighthawks". Sagt spontan keinem was? Ist ein sehr berühmtes Bild. Einfach mal googeln - was wesentlich weniger Aufwand sein wird, als der den ich betrieben habe um überhaupt erst mal heraus zu finden, wie das Ding heißt. Die andere Hälfte des Stückes spielt bei der Heilsarmee und würde wahrscheinlich an Dickens erinnern, wenn die Leute nicht die ganze Zeit so schmissig singen würden.

Sagte ich gerade Heilsarmee? Yep, Jack Worthing wurde vom reichen und verantwortungsvollen Lebemann zu einem ambitionierten Habenichts degradiert, der trotzdem seiner Angebeteten hinterher rennt, welche ihrerseits noch etwas mehr unter dem Pantoffel ihrer Mutter steht als das Vorbild. Algy büßte seine Wortakrobatik ein und ist daher darauf angewiesen Andere Romane schreiben zu lassen, die unter seinem Namen veröffentlicht werden. Und Cecily... ist je nach Auslegung Sängerin oder Stripperin, oder wahlweise auch beides. Oh, und Bunbury existiert hier wirklich.

Erm, ja, oberflächliche Komparatistik, ich weiß. Aber wer damit wenig anfangen kann, hätte wahrscheinlich bei der Light Version der Chippendales oder der Weltreise durch Halle seine Freunde gehabt. Und ein wenig abhängig davon, wie alt oder jung die Menschen sind, die sich neben einen gesetzt haben, kann man ganz nebenbei noch vernehmen, dass das eine oder andere Lied in seiner Zeit ein echter Gassenhauer gewesen sein mußt, was erklären könnte warum man einige Melodien so schlecht wieder aus dem Kopf raus kriegt.

Von mir auf jeden Fall eine Empfehlung sich das Stück mal anzusehen, egal in welcher Form oder wo. Es funktioniert auch als Musical und wer den Stoff kennt, weiß: es macht einfach Spaß. Ob man sich nun mehr für die Gassenhauer aus den 60ern begeistern kann oder für die doppelbödigen Dialoge des Originals: lohnenswert ist es alle Mal und ich glaube dieser Oscar Wilde Stoff gehört zu den Dingen die man einfach nicht verhunzen kann.

Gut, beim Musical waren sicherlich auch einige Regieeinfälle dabei, die im Original nicht drin steckten und wie es auf der Bühnen wirkt kann ich nun hier von meinem Rechner aus auch nicht voraussagen, aber: wer weder beim Musical noch beim Theaterstück wenigstens ein leichtes Lächeln verspürt, dem ist einfach nicht mehr zu helfen. Es ist einfach der perfekte Beweis dass Kultur kein Spaßfreier Raum sein sollte.

Und damit verabschiede ich mich schon einmal in ein vergnügliches Wochenende.

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