Freitag, 30. September 2011

Tag des Kaffees

Heute ist übrigens Tag des Kaffees.

In so fern wünsche ich ein frohes Wach werden. ^_~

Sonntag, 25. September 2011

Buddenbrooks

Manche Sachen müssen sich eben doch erst setzen:
Wie viele Andere auch, wurde ich in der Schule mit Mario und der Zauberer gequält. Dieses winzig kleine Buch von Thomas Mann hat unwesentlich mehr als 100 Seiten, ließt sich quälend zäh und wird damit gefühlt mindestens doppelt so lang und gewann auch nicht dadurch, dass Freunde aus der Parallelklasse schon vorher das Ende verraten hatten.
Thomas Mann war für mich damit erledigt und der Einzige aus der Familie, an den mich die Uni erfolgreich annähern konnte, war am Ende Klaus. Und wie das mit dezidierten Weltbildern so ist: sie erleichtern das Denken und werden gerade daher eher selten auf den Prüfstand gestellt.

Und so stellt sich dann doch die berechtigte Frage, was mich geritten hat mir im Puppentheater eine Adaption eines über 700 Seiten langen Wälzers von Thomas Mann anzusehen, wo es mir doch sogar erfolgreich gelungen ist mich vor der TV Adaption zu drücken...

Ich weiß es heute selbst nicht mehr: wahrscheinlich eine Mischung aus Masochismus und dem Versuch sich ein Stück Allgemeinbildung mit möglichst wenig Aufwand reinzupfeifen.

Und wie nicht anders zu erwarten war zumindest die erste Hälfte absolut schrecklich, also der Teil in dem man Antonie dabei zusieht, wie sie sich von ihrer Familie drängen lässt einen Kerl zu heiraten, den sie absolut widerlich findet.
Nun ist es natürlich so, dass ich weiß, dass es noch vor 150 Jahren vollkommen normal war, dass die Väter die Lebenswege der gesamten Familie bestimmten. Und ich weiß - zumindest intellektuell - auch, dass es ignorant ist so ein Thema in der multikulturellen Gesellschaft des 21sten Jahrhunderts abzutun.
Aber ich kann einfach nicht anders. Bei mir meldet sich bei so was immer der Schnarchreflex, weil ich da einfach keinerlei Anknüpfungspunkte an mein ganz persönliches Leben finde.
Die Sache wird auch nicht leichter, wenn man bedenkt dass die Buddenbrooks im Original wie gesagt über 700 Seiten haben und entsprechend zusammen gekürzt werden mussten. Bevorzugte Darstellungsform: Dialog.
Ich glaube in sofern haben die Puppen tatsächlich das Stück gerettet, weil man sich neben der zu Beginn etwas zähen Handlung immer auch darauf konzentrieren konnte, wie dieses oder jenes als nächstes mit Puppen dargestellt werden kann. (wie immer sehr charmant und mit einem gewissen Augenzwinkern gelöst)

Und, um das Ruder langsam mal rum zu reißen: das eigentlich faszinierende ist, dass das Stück immer besser wurde.
Nachdem Toni, also Antonie, sich doch zu einer Hochzeit durchringen konnte (was dauert), kommt langsam Schwung in die Kiste. Und auch wenn das Buch mittlerweile über 100 Jahre alt ist werden tatsächlich noch Themen angesprochen, die so universell sind, dass man auch heute noch einen Bezug dazu finden kann:
Selbstbestimmung vs. Fremdbestimmung
Leistungsdruck vs. Burnout und kreative Selbstverwirklichung
der Familienfrieden gegen den inneren Frieden
Was zum Henker ist eine glückliche Beziehung?
Kurz: ein Haufen Lebensentwürfe, die, passend zum Untertitel Verfall einer Familie, eigentlich alle scheitern, dafür aber nie wertend präsentiert werden.
Und das eigentlich faszinierende ist, dass die nach 100 Jahren fast alle noch aktuell sind!

Und, wenn man jetzt mal von dem musikalischen Monolog am Ende absieht, sind sie vor allem sprachlich alle recht treffsicher auf den Punkt gebracht.

Das Stück ist wie gesagt sehr Dialoglastig. Einen Actionpreis kriegt es auf jeden Fall nicht, auch wenn immer wieder musikalische Auflockerungen und ähnliches eingeflochten sind.
Wer aber ein wenig Sitzfleich mitbringt und sich fürs Puppentheater begeistern kann, wird hier mit einigen unerwartet aktuellen Problemen in historischem Gewand konfrontiert.

Und das eigentlich wirklich erstaunliche: wenn ich momentan mehr Zeit hätte, ich würde mich wahrscheinlich sogar mal hinsetzen und ausprobieren wie weit ich mit lesen käme, bis es wieder zu dröge würde. Einfach um mal zu schauen was alles raus gekürzt wurde und was noch für Weisheiten in dem Buch stecken (und dabei hat Thomas Mann diese Ziegelstein von einem Buch mit gerade mal 25 Jahren geschrieben.).
Mal schauen, wenn ich dran denke ist das vielleicht was für Anfang nächsten Jahres.
Aber allein die Vorstellung freiwillig Thomas Mann lesen zu wollen, wäre vor einer Woche noch Grund für ernsthafte Erheiterung gewesen.

In so fern ist das hier wohl keines der Stücke die spontane Jubelschreie und Weiterempfehlungen auslösen, das aber das Potential hat einen zum Nachdenken anzuregen.
(Was offen gestanden für Kultur eine ziemlich gute Leistung ist.)

Dienstag, 20. September 2011

Neue Deutsche Rechtschreibung ist, wenn man gerade in einem Buch schmökert, und plötzlich steht da:

we-
[Zeilenumbruch]
ichen

Und man daraufhin erst mal 10 Minuten googelt, ob das wirklich stimmt.

Sonntag, 18. September 2011

Fabelhafte Familie Baader

So, das Chronologie nur was für Angeber ist geht es jetzt mit der Premiere weiter, die eigentlich vor den Webern kam, in diesem Blog aber erst nach ihnen behandelt wird:

Die Fabelhafte Familie Baader.

Die erste "reguläre" Premiere, nach der Großen Freiheit 51, in der ehemaligen Werft, jetzt Kammertheater oder kurz Kammer. (Und ja, ich hab nT Kammer als neues Tag eingeführt und werde das noch eine Weile parallel benutzen.)

Als kleines Premieren-Spezial gab es noch eine unverkrampfte Einführung vor der eigentlichen Premiere, die in vergleichsweise kleiner Runde im Kammer-Foyer stattfand, bzw. an der Bar in der ersten Etage.
Ich muss ganz ehrlich zugeben, dass ich auch erst kurz vorher mitbekommen habe, dass diese Einführung statt finden würde, es stand nämlich relativ klein und gut zu übersehen direkt auf der Premierenkarte. Um so besser, dass ich wirklich noch rechtzeitig da war.

Ein Getränk, ein Sitzplatz und los geht's... mit ein wenig Verspätung, denn der Raum füllte sich nur langsam. Matthias Brenner als neuer Intendant begrüßte schon mal die Anwesenden, Henriette Hörnigk als neue Chefdramaturgin nahm auch schon einmal Platz und wer da war konnten sich schon einmal auf das kommende Theaterstück einstimmen.

Wer die Einführung verpasst hat, braucht sich an der Stelle übrigens nicht zu ärgern. Anders als in der Oper, wo es bisher meist um die Vermittlung von Hintergrundwissen, geschichtlichen Zusammenhängen und musikhistorischen Einordnungen ging, ging es im nT eher im netten Plauderton voran: wie ist man auf das Stück aufmerksam geworden und warum ist es gerade das geworden?
Etwas vergleichbares soll es vorerst vor jeder Premiere geben.
(Und für Interessierte, bevor es hier endlich mit der Premiere weiter geht: die Werft/ Kammer/ "was auch immer" soll nach Matthias Brenners Angaben noch ein wenig entkernt werden. Es wird wohl kein zu klein geratener Tanzsaal mehr werden, aber mit ein wenig Glück sieht man bald ein paar der Fenster wieder. Und die Kammer ist vorerst für kleinere Inszenierungen aus den letzten 15 Jahren geplant, also für neuere Stücke. Ich lasse mich überraschen, der Teil klingt für mich aber schon mal latent abgeschreckt.)

So, worum geht es nun eigentlich in diesem Stück?
Das Prinzip Gonzo hatte ich ja schon mal verlinkt, was wahrscheinlich mehr über den theoretischen Unterbau des Stückes verrät, als ich mir hier aus den Fingern saugen kann.
Grob gesagt, wurden Andreas Baader und Gudrun Ensslin keine Terroristen, sondern... naja, Karrieregeile Konsumjunkies mit ordentlich einem an der Klatsche.
Und aus Gudrun wurde Gutrun, woran sicherlich auch noch irgendwer ein nettes Wortspiel findet, aber sei es drum.
Oh, und Carsten Brandau - der Autor des Stückes - hat sich als Sekretär selbst mit in das Stück hinein geschrieben, was das Ganze jetzt nicht wirklich einfacher macht.

Also: Andreas Baader, gespielt von Martin Raik, strebt nach einem guten Posten und vor allem nach einem standesgemäßen Auto. Gutrun, gespielt von Bettina Schneider, ist... ein wenig pyromanisch veranlagt, geht fremd und verliert gerne mal ihre Finger beziehungsweise gleich die ganze Hand. Und Carsten Brandau, gespielt von Alexander Plensel... macht das ganze jetzt nicht wirklich harmloser.

Inhaltlich ist das ganze ehrlich schwer zusammen zu fassen, vielleicht als eine Art Mischung aus Screwball Comedy und Gesellschaftskritik und diesem überbordend absurden Humor der sich bei mir normalerweise erst an der Schwelle zwischen Überarbeitung und Übermüdung einstellt.

Vielleicht sollte ich mich - gerade um die Uhrzeit - einfach ganz geschickt mit Folgendem aus der Affäre ziehen:
Für Drehbuchfetischisten und solche die es werden wollen, ist der komplette Text im Programmheft abgedruckt. Ich habe zwar fast die Befürchtung, dass das weiß auf fröhlichem Schwarz vorerst Gestaltungs-Standart ist, aber wie dem auch sei: für 2 Euro kann man das Heft notfalls auch vorab erwerben und schon mal reinschmökern, ob das so in etwa dem eigenen Geschmack zu entsprechen scheint.

Teilweise herrlich lustig, teilweise einfach nur überdreht oder komplett absurd, aber auf jeden Fall überraschend.
Für Freunde des etwas abseitigen Humors sicherlich sehenswert.

Und bevor ich mich hier um Kopf und Kragen schreibe gehe ich jetzt endlich ins Bett und überlege mal lang und breit, woher mir eigentlich der Name Carsten Brandau bekannt ist, obwohl ich auf seiner Wikiseite spontan nichts gefunden habe, was ich schon kenne...

Samstag, 17. September 2011

Die Weber

Ufts.
Ich bin erst mal wieder zuhause. Und ich glaube das beste Wort, dass mir für die Weber Inszenierung einfällt ist "Ausdrucksstark".

Das Ganze fing eigentlich ganz harmlos an. Genauso wie bei der Fabelhaften Familie Baader gab es eine Einführung zum Stück, auch wenn das Foyer vorm Saal vielleicht nur bedingt akustisch geeignet ist. Auf jeden Fall hatten wir alle die Möglichkeit verschüttetes Grundwissen aus dem Schulunterricht zu reanimieren.
Mit einem gewissen Augenzwinkern erfuhr man auch noch, dass Henriette Hörnigk durchgesetzt hat, dass dieses Stück auf dem Spielplan steht und Jörg Steinberg durchgesetzt hat, dass Jo Fabian die Regie übernahm. Und das Gerhart Hauptmann - von dem das Stück ja ursprünglich mal stammte - sich im Rahmen der Zensur so lange hin und her gewunden hat, dass heute nur noch schwer auszumachen ist, was er damit eigentlich zum Ausdruck bringen wollte. Überhaupt scheint das Stück um die leidenden Weber eine recht bewegte Geschichte hinter sich zu haben.

Und - Achtung, schlechte Überleitung - bewegt geht das Stück dann auch los.
Wir sehen eine weiße Fläche, in der Mitte ein Roter Teich oder Klärtümpel (kommt auf die Interpretation an), Karl-Fred Müller spielt in einer einsamen Ecke Akkordeon. Und nach und nach steigen die Darsteller aus den Untiefen der Bühne auf, begleitet von Nebel und rotem Licht. Über die Mitte der Bühne sind frei hängende Eisenstangen gespannt und zwischen denen laufen die Darsteller vorerst hin und her, das Muster von Schussfäden imitierend.
Der Zuschauer kann sich bei der Gelegenheit schon mal an das triste Einheitsschwarz der Weber und die langen Zottelmähnen gewöhnen. Die Stimmung löst sich langsam, geht in eine Art von Tanz über und wie immer wenn es langsam lustig wird, plärrt von irgendwoher ein Spielverderber, sie sollen damit aufhören. Es handelt sich hierbei um den Expedienten, eine Art Vorsteher des Fabrikeigentümers. Und wo der ist, ist sein Herr natürlich auch nicht weit.

Ich behaupte jetzt mal in germanistischer Selbstüberschätzung, dass ich hier hoffentlich Keinem erklären muss wie die Geschichte mit den Webern weiter geht.

Und bringe wir an der Stelle einfach mal das Schlimmste hinter uns:
es ist im Grunde genau die Art von Modernen Theater vor dem ich mich normalerweise drücke und mit dem ich eigentlich nichts anfangen kann. Dafür war der Abend aber echt gut.

Im Großen und Ganzen ist das Stück einfach sehr auf das wesentliche Reduziert und mutet bei gerade einmal einer Stunde dreizig doch die eine oder andere Leerstelle zu, die man entweder gespannt auf Kleinigkeiten schaut (meine Reaktion) oder Reflexartig immer wieder mal das Handy zückt um zu schauen wie lange man noch muss (die Reaktion links neben mir).

Davon abgesehen arbeitet das Stück - wenn man einmal um das karge Bühnebild herum schaut - eigentlich mit sehr konventionellen Versatzstücken.
Die Dialoge der Weber sind sehr überschaubar, in einem sehr urigen Dialekt, der zumindest mir nicht direkt ins Ohr ging. Man hat trotzdem verstanden worum es ging.
Ein bisschen Klischee ist natürlich auch mit dabei, wie etwa der ewig fressende Pfaffe, der gierige und geistig eher wenig begütete Fabriksleiter und eine sehr klassische Aufteilung der Welt in Oben und Unten und ein klein wenig Mitte.

Das ganze untermalt von eingängiger Musik, von Rammstein über chorale Gesänge bis zu Apocalyptica.

Und der gewaltsamere Teil der Handlung ist sehr zurück genommen.


Das klingt jetzt so niedergeschrieben nicht unbedingt nach einer gelungenen Mischung, der Punkt ist aber: wenn man bereit ist sich darauf einzulassen, ist das Stück wirklich gut. Da es fast nichts gibt was einen ablenken könnte, schlagen die Dialoge und Beschwerden direkt ein.

Auf jeden Fall eine sehr interessante Mischung aus Entschleunigung und Wut.
Um das mal so auf den Punkt zu bringen.

Und ich habe gerade mal mit einem Auge geillert, was MZ Web so macht, weil ich eigentlich halb davon ausgegangen bin, noch irgendwo eine Harz 4 Referenz zu finden. (Fehler meinerseits, die war nicht mit dabei)
Aber mir ist bei der Gelegenheit noch einmal ins Auge gesprungen, dass das was ich hier eher schlecht als recht zu vermitteln versucht habe Jo Fabians ganz persönliche Handschrift ist. Eine Mischung aus Massenszenen, Musik, minutiöser Choreographie und etwas eigenwilliger Bearbeitung.

Es ist, wie gesagt, nicht die Art von Theater für die ich gerne mit Genuss wieder kommen würde, aber das Stück trägt auf jeden Fall eine interessante Handschrift. Und um sich einmal von einem Klassiker umhauen zu lassen, ist das eine echt gute Gelegenheit.

Mittwoch, 14. September 2011

Pressespiegel - oder so

Der Eine oder Andere erinnert sich vielleicht, dass ich vor einer Weile The Browser empfohlen habe, bzw. Stephen Fry hat ihn empfohlen und ich folge mittlerweile auf Twitter.

Und nun ist es natürlich so, dass der Link wie das meiste was ich im Netz interessantes finde, auf Englisch ist.
Darum heute mal zum Ausgleich für die Interessierten auch ein kleines bisschen was auf Deutsch:

Zum einen, ein weiterer Twitter Fund: Commentarist.
Eine ganzes Heer von Journalisten kommentieren alles was einen Kommentar wert zu sein scheint. Wieder eine dieser Seiten auf denen man stundenlang hängenbleiben kann, aber es schadet ja der Allgemeinbildung nicht. ^_~

Und, das habt ihr jetzt aber nicht von mir und das bleibt wirklich unter uns, aber: auch Journalisten haben nicht immer die Nerven alle aktuellen Zeitungen durchzuschauen um zu sehen welche Themen gerade wichtig sind. Und wer trotz Zeitnot einen Überblick möchte, der wendet sich zum Beispiel an die Perlentaucher.
Immerhin bieten die einen täglichen Überblick mit dem schönen Titel Heute in den Feuilletons.
Es lohnt sich ganz generell mal die Seite selbst durchzuschauen, aber für Menschen in Eile ist die Übersicht auf jeden Fall nett. ^^

Dienstag, 13. September 2011

Stefan Bonner und Anne Weiss - Heilige Scheisse

In der Großen Freiheit 51 ging es ja auch um niedliche Schafe (ich bin unmöglich, ich weiß) und irgendwie ist es da passend, dass ich mir an besagtem Samstag beim Wochenendeinkauf einen Spontankauf geleistet hatte:
Stefan Bonner und Anne Weiss - Heilige Scheiße. Wären wir ohne Religion wirklich besser dran?
(Das Cover ziert nämlich auf weißem Grund ein Schaf mit Heiligenschein und Augen die "Kindchenschema" in alle Himmelsrichtungen schreien.)

Kennt hier jemand Generation Doof? Das ist auch von besagtem Autorenduo und behandelte damals mehr oder weniger den schwindenden Anteil an so genannter "Allgemeinbildung" bei der heutigen Jugend. Amüsant zu lesen, wenn auch mit vergleichsweise wenig Erkenntnisgewinn, aber netten Anekdoten.
Den zweiten Teil - Doof it Yourself - habe ich mir dann schon wieder verkniffen, zumal die Amazonbewertungen nicht zu überwältigend klingen.
Und dieses Mal geht es weg von  Pisa und hin zum Papst.

Sagen wir es mal so: das Buch ist nette Entspannungsliteratur.
Dass der Kirche die Mitglieder wegrennen dürfte jetzt nicht ganz neu sein. Dass sich viele einen eigenen Glaubenssatz basteln und es zig Ausprägungen von Christentum gibt dürfte den Meisten auch schon aufgefallen sein. Das wird genauso schnodderig und nebenbei behandelt wie New Age Bewegungen, Scientology., alternative Religiöse Gruppen auf Grundlage des Christentums... ebenfalls nur im Vorbei gehen werden die Kreationisten und die Anhänger des Intelligentem Designs erwähnt (mit denen ich persönlich weit weniger ein Problem hätte, wenn sie nicht versuchen würden auf die Lehrpläne von Schulen und Universitäten zu gelangen.)
Das ganze in einem etwas schnodderigen Tonfall, der wahrscheinlich kritisch wirken soll, aber teilweise einfach betont jugendlich und aufgesetzt wirkt.
Dazu Bibelwissen Light.
Und eine Handvoll Anekdoten der Autoren.

Alles ganz nett und knuffig. Aber im Grunde mehr anekdotisches "und dann trafen wir den und der sieht die Sache so und dann haben wir das gesehen und konnte nichts damit anfangen und dann trafen wir den nächsten und...". Wissen oder kritische Anmerkungen (abgesehen von New Age Ansätzen und Scientology) sucht man eher vergebens.
Kann man gelesen haben, muss man aber wirklich nicht.

hrm...

Ich habe am Sonntag natürlich nicht meinen Allerwertesten rechtzeitig aus dem Bett bekommen um noch zur Doppel-Einführung der Fabelhaften Familie Baader und Die Weber zu gehen.
Trotzdem besitze ich Premierenkarten für beides. Mit irgendwas muss man die Woche ja retten.

So, und dann bin ich gerade über das hier gestolpert:
http://www.prinzip-gonzo.de/blog/


Kurzzeitgedächtnis lässt grüßen, weil ich es ernsthaft in weniger als fünf Minuten geschafft habe zu vergessen wo ich den Link eigentlich her habe, aber er wird ursprünglich schon irgendwo von den Bühnen Halle kommen.

Klingt auf jeden Fall mal nach was anderem. Ich werde mich einfach überraschen lassen.

Sonntag, 11. September 2011

Große Freiheit 51

Woah, Hilfe. Nachdem mich gestern wohlmeinende Menschen mit insgesamt vier Kaffee abgefüllt haben und es bei der Premiere zur Großen Freiheit 51 auch noch Sekt gab... irgendwie bin ich heute nicht wirklich zu etwas zu gebrauchen, was Hirn erfordert.

Künstlerisch wertvolle Rezensionen sind heute auf jeden Fall Mangelware.

Dabei war die gestrige Premiere durchaus unterhaltsam.

Matthias Brenner - der gestern Geburtstag hatte, wie der eine oder andere vielleicht mitbekommen hat - sah sich auf Grund der Doppelveranstaltung mit IC Falkenberg veranlasst die Premiere gestern um ein ganzes Stück zu kürzen, und zwar direkt am Anfang. Als Hilmar Eichhorn meinte, er würde seinen großen Traum jetzt nicht erzählen, weil die Zeit eilt, aber beim nächsten Mal, da würde er ihn erzählen und wir müssten eben einfach noch einmal wieder kommen, wenn wir ihn hören wollten... nun, da hat er das ernst gemeint. Der Anfang soll wohl ein ganzes Stück länger sein und auf den Handzetteln steht eigentlich auch noch, dass das Ensemble bei der Einleitung hätte mitwirken sollen...
Fairer weise werde ich mich dann auch nicht über besagten Epilog äußern. Vielleicht wenn ich ihn mir aufgrund unfairer Werbemaßnahmen noch mal angesehen habe. ;P

Nah, der Abend war durchaus in Ordnung. Das eigentliche Problem des Stückes ist wirklich nicht, dass irgendwo gekürzt wurde oder werden musste. Es liegt auch nicht an der Stückauswahl, die ich an anderer Stelle schon mal erwähnt hatte. Es ist für jeden Geschmack etwas dabei: modernes Theater (Heiner Müller), sozialkritisches Kostümstücke (Lenz - Sturm und Drang), Tagespolitisches, eine sehr freie Neuauflage der Bremer Stadtmusikanten, eine kleine Reflektion auf die Lage der Kulturinsel (wieder Heiner Müller) und Verarbeitungen von mehr oder weniger bekannten Filmen (Coffee and Cigarettes und Woody Allen).
Kurz: für jeden etwas.
Und wenn ich ehrlich bin: mir hat unterm Strich Daisy am besten gefallen (ein wirklich niedliches Schaf, und ja, ich mag Puppentheater). Und Alexander Pensel war wirklich hervorragend, denn zumindest für mich kam seine Rolle vollkommen unerwartet. Nur mit Heiner Müller bin ich trotz mehrerer Versuche von Seiten der Germanistik irgendwie nie vollkommen warm geworden.
Wem da nun was am ehesten zusagt ist eh subjektiv, also Schwamm drüber.

Wo ist also das Problem?
Wobei Problem schon wieder ein wenig übertrieben klingt.
Das gesamte Konzept ist unglaublich auf Lücke gebastelt.
Am Anfang hatte jeder ein Programmheft in die Hand bekommen, auf dem ein Buchstabe stand. Entsprechen sollten sich die Zuschauer dann den Gruppen zuordnen (wobei sich viele die Freiheit nahmen sich eher ihren Bekannten als den ihnen zugeteilten Buchstaben zuzuordnen.) und los geht es.

Die Runde durch die Kulturinsel ist festgelegt, die Reihenfolge ist im Grunde immer die gleiche, nur die Startpunkte sind verschieden. Und geplant war, dass jeder Wechsel zwischen den Orten genau zwei Minuten dauert.
Es geht ganz generell, wenn man gut zu Fuß ist. Aber der Knackpunkt ist einfach der: so schön es ist, die Inszenierung ist definitiv nicht Behindertengerecht.
Um das kurz zu erklären: Man sitzt, 8 Minuten wird eine Szene gespielt, in den folgenden zwei Minuten wird geklatscht, Alle erheben sich und bilden eine Menschentraube vor (zumeist) Doppelflügelige Türen von denen nur eine Seite offen ist. Es staut sich, man hastet anschließend durch Gänge, drängelt sich genauso koordiniert durch eine weitere Doppeltür und sucht einen Platz, bevor es weiter geht.
Gruppenstärke liegt so bei grob 30 Leuten, eingeplante Zeit für das ganze Prozedere: wie gesagt, 2 Minuten.

Ich habe zwischendrinnen angefangen auf das Klatschen zu verzichten, immerhin sollte es ja schnell gehen. Und der Punkt ist einfach: so riesig und beeindruckend das ganze Gebäude wirkte, als man zur Einführungsmatinee durchgelotst wurde: davon kriegt man zur Vorstellung einfach nichts mehr mit. Man ist viel zu sehr mit eilen beschäftigt.

Und ich bin schon wieder mäkelig, oder?

Wenn man gut zu Fuß ist ist das Konzept auf jeden Fall zu bewältigen. Und wenn man wenig nach links und rechts schaut und einfach den Massen, den Linien auf dem Fußboden oder den "Schließer" genannten Gruppenführern folgt auch. 

Als alternatives Spielkonzept ist es auf jeden Fall interessant, auch wenn ich vorerst nicht in der Nähe wohnen möchte. Das Nebelhorn hat man schon am Freitag über den gesamten Uniplatz gehört. Das Ding ist echt laut.

Logistisch definitiv eine Riesen Leistung.
UND einen Heiden Respekt an die Darsteller. Ich bin dank der Uni einiges gewohnt. Klimaanlage und Lüftung sind nie die wichtigsten Anschaffungen für ein Institut. Und so haben nicht Wenige von uns schon zig Seminare in Sauerstoffmangel bei kuscheliger Hitze verdöst. Bei den Bedingungen anderthalb Stunden lang auf Text, Timing und alles weiter zu achten: Respekt. Die Meisten von uns waren in den Seminaren froh, wenn sie nach 20 Minuten wieder ihre Ruhe hatten.

Mittwoch, 7. September 2011

Richard Greene & K. Silem Mohammad - Die Untoten und die Philosophie

Das ich einen leichten Faible für Vampire habe könnte dem aufmerksamen Leser vielleicht schon einmal aufgefallen sein. Und ich gebe zu: ich habe das Buch im Threadtitel in erster Linie als Infotainment gekauft.

Und eigentlich sollte an dieser Stelle eine Naja-Review stehen: Naja, man kann es gelesen haben, man muss aber nicht.

Im Grunde ist das auch immer noch meine Meinung. Das Buch ist als Anthologie angelegt und wie meistens hat man sich um einen roten Faden bemüht und ihn nicht so richtig gefunden. Das Buch ist etwas Zombie-lastig, Vampire werden vergleichsweise wenig behandelt, dafür ist aber auch ein Abschnitt über Blade Runner mit dabei. Wie in der englischsprachigen Wissenschaftsliteratur üblich ist das Buch recht verständlich geschrieben. Ich fand es etwas behäbig, aber es ist auf jeden Fall besser verständlich als die verkopfte Deutsche Wissenschaftssprache mit zig Nebensätzen.
Ein paar nette Themen sind auch mit dabei. Etwa ob ein Vampire auf Dauer glücklich ist ober ob bei einem Zombie die körperliche oder die geistige Kontinuität am Ende Identitätsstiftend ist und vor allem für wen. (Keine Sorge, ist im Buch verständlicher beschrieben.)
Und jeder muss selbst wissen ob er mit der Argumentationsstruktur klar kommt oder nicht. Oft genug fühlt es sich so an, als hätte jemand einen Film gesehen, sich eine philosophische Theorie überlegt die passen könnte, das Ganze zusammen gebracht und wenn man als Leser dann doch mal ins grübeln kommt, ob das alles so stichhaltig ist, dann kommt das Totschlagargument: "wie man im dem und dem Film sehen kann ist es so und so."

So weit so gut. Ich würde sagen, dass Buch ist "nett". Mehr aber auch nicht.

Und nun stellt sich die Frage: wo ist das Problem? Ich habe es gekauft, ich habe es gelesen. Also was?

Nun, das Buch hat auf Deutsch noch einen Untertitel:
Die Untoten und die Philosophie. Schlauer werden mit Zombies, Werwölfen und Vampiren
Und es kann ja immer auch am Koffeinmangel liegen, aber Werwölfe sind mir da weit und breit keine untergekommen. Ich weiß nur noch, dass sie ganz bewusst Geister ausgeklammert haben.
Und was macht man wenn man sich nicht sicher ist? Einfach mal Google fragen, beziehungsweise auf Amazon vergleichen, wie das Buch eigentlich im Original heißt.
Undead and Philosophie. Chicken Soup for the Soulless
Ist ja auch ein netter Titel.
Und dann fiel mein Blick auf die Seitenzahlen:
Englische Ausgabe: 288 Seiten
Deutsch Ausgabe: 288 Seiten
Ich habe das gestern einer Freundin erzählt und sie meinte "passt doch" und das traurige ist: nein, es passt nicht.
Es ist so, dass eigentlich jede Übersetzung, egal von welcher Sprache in welche Sprache, länger ist als der Ausgangstext. Das hat unter anderem was damit zu tun, dass es in der Übersetzung 1:1 Entsprechungen gibt, 1:Teil, 1:Viele oder Leerstellen. Und um das zu sagen, was jemand in einem einfachen Satz zusammen geklöppelt hat, muss man oft genug Umschreibungen heran ziehen. Daher werden Übersetzungen normalerweise länger.
Dann gibt es natürlich noch verschiedene Einstellungen wie man übersetzt: vorsichtige Anpassungen; einfach so übersetzen wie es da steht, egal wie schlecht die Vorlage ist oder komplett Neuschöpfungen oder andere eigenmächtige Verschlimmbesserungen.
Und ich habe die Zahl leider nicht gefunden, aber Ulrich Blumenbach wurde zum Beispiel damals für seine Übersetzung von Infinite Jest extrem gelobt (Unendlicher Spaß von David Foster Wallace), weil das Werk in seiner Übersetzung nicht ausufernd endlos viel länger geworden ist. Vielleicht hat einer von Euch beim googeln mehr Glück um heraus zu finden wie das ganze in Zahlen klingt.
Auf jeden Fall, um mal auf das vorliegende Buch zurück zu kommen, gibt es ziemlich genau zwei Wege sicher zu stellen dass ein Buch in der Übersetzung genauso lang wird wie in der Originalausgabe:
Ein bisschen am Layout basteln und alles in kleinerer Schrift drucken oder kürzen und Dinge raus schmeißen.
Möchten die Ersten schon mal raten was hier passiert ist?
Fakt ist, ich habe mich dann erst mal hingesetzt und bei Amazon.com das Inhaltsverzeichnis von Undead and Philosophy angesehen.
Und zumindest mir ist es nicht gelungen in meinem Buch ein Übersetzung für folgende Beiträge zu finden:

Kapitel 1:
Dead Serious - Evil and the Onthology of the Undead von Manuel Vargas

Kapitel 3:
Should Vampires be held Accoutible for their Bloodthirsty Behaviour? von John Draeger
Deserving to be a Vampire. The Ethical and Existential Elements of Vampirism von Ted M. Preston

Kapitel 4:
The Undead Martyr: Sex, Death, and Revolution in George Romero's Zombie Films von Simon Clark

Und Kapitel 5:
The Fear of Fear itself. The Philosophy of Halloween von Noël Caroll


Wenn man dann erst mal so weit ist, findet man auch plötzlich die Angabe: Die deutsche Ausgabe gibt eine gekürzte Fassung des Amerikanischen Originals wieder. Das ist schön, nützt mir aber sehr wenig, weil diese Bücher echt teuer im eingeschweißten Zustand verkauft werden! Ich konnte das im Laden nicht sehen! (zumal kein Mensch gewohnheitsmäßig die Copyrightangaben vor dem Kauf liest)
Und ich muss zugeben, dass mich einige der Themen - die möglicherweise wegen so was banalem wie Copyright heraus gefallen sind - ehrlich interessiert hätten.
Das ist unterm Strich richtig bescheidene Verlagspolitik.
Und weil ich das in einem echt kleinen Buchhandel hier in der Stadt gekauft habe traue ich mich kaum das Buch einfach wieder zurück zu geben, obwohl der Preis in Relation echt eine Frechheit ist.

So vergrätzt man dann im Nachhinein noch mal Kunden.

Dienstag, 6. September 2011

Paul Feeney - A 1950s Childhood / A 1960s Childhood

Es gibt - öfter als Studenten lieb ist - Universitätsliteratur die einfach nur aggressiv macht. Paul Feeneys Bücher über die Kindheit in Großbritannien sind so ein Fall.

Wobei das ganze akzeptabel wird, wenn man die beiden Titel nebeneinander stellt.

In A 1950s Childhood - From Tin Baths to Bread and Dripping geht es, oh Wunder, um die tatsächlich sehr zahlreichen Neuerungen der 50er Jahre. Der Milchmann brachte seine Flaschen noch persönlich vorbei, die Heizung hatte einen kleinen Automaten in den man Münzen einwarf, die Kinder spielten auf der Straße, Autos gab es noch kaum, das Hauptmedium war das Radio und Mütter schneiderten noch selbst, neben den ganzen anderen Erledigungen, die täglich anfielen.
So paradiesisch das auf den ersten Blick klingt: auch in Großbritannien war im zweiten Weltkrieg viel zerbombt worden, es fehlt an allem möglichen und Essen war noch Rationiert. Die Sanitäranlagen befanden sich oft genug immer noch auf dem Hof - in Form eines Plumpsklos. Und die Prügelstrafe war in der Schule noch gang und gebe.

Was einem an solchen Schilderungen aufregt?
Nun, unzählige Radioberühmteheiten der Briten sind mir natürlich unbekannt. Damit kann ich leben, auch wenn sich der entsprechende Abschnitt nicht sonderlich spannend liest.
Aber wenn der Autor anfängt zu erklären ein Hoola-Hoop sei ein Reifen, den man um die Hüften schwingt; ein Jojo seien zwei Scheiben mit einem Steg in der Mitte und einem Faden dran, die man hoch und runter schwingen konnte; und dass man zum jonglieren Bälle nimmt!!! ... ich kam mir offen gestanden ein wenig verarscht vor.
Seilspringen, Gummihopse, Himmel-und-Hölle, Fange, Verstecke und dergleichen mehr hat er auf ähnlich narrensichere Weise beschrieben. Das mag ganz nett sein wenn man als nicht-Britischer Leser versucht die möglicherweise unbekannten Spielenamen einzuordnen, aber... käme man sich da als Engländer nicht auch ein wenig veralbert vor?

Und immer wieder der Hinweis dass noch alles frisch gekauft wurde und entsprechend kurz hielt und wie wichtig das Radio war... unter anderem dank Paul Temple.

Nun, wie dem auch sei, mit dieser geballten Ladung Nostalgie intus, ist man dann gewaffnet für den zweiten Teil:
A 1960s Childhood -  From Tunderbirds to Beatlemania.
Das Kapitel über die Straßenspiele überfliegt man nur noch. Interessanter ist da schon die Feststellung, dass es immer mehr Autos gab und damit auch immer weniger Möglichkeiten auf den Straßen zu spielen. Radio wurde weniger wichtig, Fernsehen wurde das neue Hauptmedium... wenn nicht gerade Radio Luxemburg anfing das erste Programm zu senden das vornehmlich Jugendliche ansprach, an die hatte vorher nämlich kaum einer gedacht. Mode wurde wichtig, egal wie knapp das Taschengeld war. Die Spielzeuge und auch die Ansprüche wurden andere, unter anderem weil die jungen Kinder die Nachkriegszeit nicht oder weniger bewußt erlebt hatten. Nur der Wechsel von einer Schulform zur anderen gestalltete sich nach wie vor für alle gleich respekteinflößend.

Ich weiß, ein Haufen Allgemeinplätzchen die ich hier backe, aber irgendwie gerade aus der Sicht eines Kindes sehr nett verpackt.
Natürlich spielen in den 1960er Jahren eher die Fernsehstars eine Rolle. Und das eine oder andere wichtige Ereignis, wie etwa die Eroberung des Weltraumes, werden ebenfalls aufgelistet.

Alles in allem anschauliche Einblicke in Großbritannien um diese Zeit, aber wer die eine oder andere Kulturgeschichte über Deutschland gelesen hat, dem wird das meiste seltsam bekannt vorkommen. So verschieden waren wir dann gar nicht.

Was ich aber auf jeden Fall interessant fand, ist, dass es in den 50ern - vor den Zeiten der Massenimpfungen bei Kindern, durchaus üblich war nicht nur Kriegsversehrte, sondern auch wirklich von den heute eher als harmlos empfundenen Kinderkrankheiten gezeichnete Menschen zu sehen. Vor allem Polio bzw. Kinderlähmung muß damals wirklich grassiert sein. Und das alles in der Lebensspanne meiner Großeltern.
Am Wochenende gab es sogar eigene Kinoprogramm nur für Kinder. (Ich muss mal meinen Vater fragen, ob es so was ähnliches hier auch gab)
Die Prügelstrafe war auch noch vollkommen normal. Und ... naja.

Wer also mitunter etwas schmerzunempfindlich gegen Blödsinn ist und sich generell für Lebensrealtität in den 50er und 60er Jahren interessiert kann hier mal zugreifen. Ruhig auch beide zusammen. Den ersten Band liest man noch am Stück, beim zweiten bekommt man dann ein sehr gutes Gefühl dafür, wo der Autor sich selbst kopiert - wie ich glaube nicht weil sich nichts geändert hätte, sondern weil er einfach zu faul war das alles noch mal neu zu Papier zu bringen.

Nett, wenn auch wenig informativ.

Kann man durchaus gelesen haben, muss man aber wirklich nicht...

Montag, 5. September 2011

Einführung zur Großen Freiheit 51

So, um das schon mal grob zusammen zu fassen: ich habe Theaterkilometer gesammelt.
Was wir uns in anderthalb Stunden hoch, runter und seitwärts bewegt haben, ist echt unglaublich.

Für Alle die es bisher wirklich geschafft haben die Werbeplakate für dieses Stück oder die Premiere zu ignorieren folgt erst mal eine ganz grobe Zusammenfassung der Grundidee. Und weil ich faul bin zitiere ich diese direkt von besagten Werbeplakaten:
"Von der Dachterasse bis in den Keller: 4 Regisseure, 24 Schauspieler, 10 Bühnen."
Gemeint ist mit der Großen Freiheit also auch die Große Ulrichstraße 51, vielleicht besser bekannt als Kulturinsel. Das Thema ist wie gesagt Freiheit, ein in sich ja sehr weiter Begriff. Und offensichtlich wird so ziemlich die komplette Kulturinsel eingespannt, um dieses Vorhaben umzusetzen.

So weit die Nutzung des gesunden Menschenverstandes. Und eigentlich fing der morgen auch sehr harmlos an. Zur Einführungsmatinee wurden erst einmal alle ins Casino, die Kantine oder einfach Richtung Dachterasse gelotst (ist alles dreis das Selbe) und Matthias Brenner wirkte durchaus begeistert, dass sich an einem Sonntagmorgen so zahlreiche Hallenser schon ins Theater verirrt hatten. Bei ihm waren außerdem Henriette Hörnigk, Jörg Steinberg und Alexander Suckel als weitere Regisseure, die selbstverständlich auch erst einmal vorgestellt wurden.

Und ab hier wird gutes Schuhwerk langsam wichtig.
Es ging eine Treppe runter (immer die gleiche) bis man wieder vorm großen Saal stand. Und hier wurden schon mal auf die Aula von Hermann Kant und auf... sagen wir mal aktuelles politisches Geschehen hingewiesen. Für Hermann Kant bin ich glaube ich zu jung, aber viele der anderen Anwesenden nickten schon mal wissend.
Weiter ging es am Innenhof vorbei zur Bar ein Stockwerk unter der Werft (welche zukünftig Kammerspiele heißen wird. So wie allgemein einige Umbenennungen vorgenommen werden. Ich "freu" mich jetzt schon auf die Überarbeitung der Tagcloud... Aber wenigstens ist es sehr schwer die Werft noch einmal derart radikal zu verändern wie beim letzten Namenswechsel. Ich hab damals drei Monate intensiven Theatergehens gebraucht bis mir auffiel "In dem Raum warst du vor dem Umbau schon mal."). Hier folgte - einer der wenigen Live Einlage des Vormittags - ein Ausschnitt aus Coffee and Cigarettes. (ein Jim Jarmusch Film, mit dem ich seit Jahren Probleme habe. In unregelmäßigen Abständen findet sich jemand, der den noch nicht kennt und gerne mal sehen würde und ich leihe den jedes Mal mit den Worten aus "Wenn er dir gefällt kannst du ihn behalten". Ich habe die DVD bisher jedes einzelne Mal wieder bekommen. Ein paar Promis zuzusehen wie sie Rauchen und dabei Kaffee trinken ist nun mal nicht unendlich spannend. Irgendwie sind sich Alle einig: man kann es mal gesehen haben, man muss den Film aber echt nicht besitzen. Aber gemessen daran war die Live-Probe doch recht amüsant.)
Und ab hier wird es dann langsam schwierig. Natürlich weiß ich, dass die Kulturinsel mehr oder weniger den gesamten Gebäudekomplex bis zum Juridikum umfasst, wer aber noch nie hinter die Kulissen geschaut hat, der macht sich mitunter kaum Vorstellungen davon, dass das mehr oder weniger alles EIN einziges Gebäude ist. Ich habe immer noch dieses viel zu steile Treppenhaus vor Augen, das wir zum Glück nur hoch und nicht runter mussten. Dann geht man einen Gang entlang und immer wieder erscheint scheinbar unmotiviert eine Kaffeeecke, woraus sich schließen lässt das man gerade an einer alten Küche vorbei kommt, auch wenn sonst kaum etwas darauf hin deutet. Immerhin ist man bis gerade eben nur durch Flure gelaufen oder hat Büros gesehen.

Räume die ich ohne fachkundige Führung wahrscheinlich nicht wieder finden würde sind unter anderem der Raum der Ausstatter, in welchem ein Ausschnitt aus dem Hofmeister von Lenz zu sehen sein soll, der Raum unter der Hebebühne des großen Saales, in welchem es wieder um tagesaktuelle Politik geht oder das Vorzimmer der Intendanz. Dann war da noch der Studioclub - oder so was ähnliches - in dem ein Ausschnitt aus Woody Allans Was sie schon immer über Sex wissen wollten gezeigt werden soll. Der Riff Club wartet mit einer sehr freien Adaption der Bremer Stadtmusikanten auf. Und dann war da noch der Innenhof. In dem Moment war ich dann erst mal sehr dankbar wieder erfolgreich aus dem Gebäude heraus gekommen zu sein. Und hier soll dann am 10ten September alles los gehen.



Oder als Zusammenfassung für Lesefaule:
Bringt gutes Schuhwerk mit. Matthias Brenner versprach 10 mal 8 Minuten Ausschnitte über die Freiheit, geknüpft an einen Rundgang hinter die verwinkelten Kulissen. Es ist definitiv etwas Ungewöhnliches.
UND: wer zur Premiere am 10ten Zeit hat, kann sich im Anschluß noch das Konzert von Falkenberg anläßlich des neuen Albums Hautlos anhören. Ich höre gerade auf Youtube in seine Lieder rein und noch ein wenig unentschlossen. (Und ein Servicehinweis an Studenten: zwei ermäßigte Einzeltickets - also eines für die Premiere und eines für das Konzert - sind zusammen merklich billiger als als ein ermäßigtes Kombiticket. Also beim kaufen ein wenig aufpassen.)

Sonntag, 4. September 2011

Kurzzeitgedächtnis

Apropo, die Autoren von Ich denke, also spinne ich, also Jochen Mai und Daniel Rettig, haben zur Untermauerung der These, dass immer nur sieben Dinge in unser Kurzzeitgedächnis passen, einen sehr schönen und vor allem reichlich nostalgischen Link herausgegraben:

http://www.daserste.de/50jahre/amlaufendenband/am_laufenden_band.html

Man kann also selbst einfach mal testen ob es stimmt und Ihr habt im Zweifelsfalle etwas zu tun, während ich die Beine hoch lege, in einem weiteren Buch schmökere und Euch mit der Rezension zur Einführungsmatinee zur Großen Freiheit 51 einfach auf heute Abend oder so vertröste... ^_^;;

Jochen Mai und Daniel Rettig - Ich denke, also spinn ich

Keine Sorge, dass wird wird auf Dauer kein Bücherblog - glaube ich zumindest. Aber ein oder zwei Bücher haben bei mir in letzter Zeit durchaus einen etwas zweifelhaften Nachgeschmack hinterlassen, etwa das Buch von Jochen Mai und Daniel Rettigs Ich denke, also spinn ich.

Es sagt wahrscheinlich eine Menge über meinen aktuellen Geisteszustand, dass ich es geschafft habe mir das als entspannende Ablenkung-Lektüre zu verkaufen, aber das ist auch wieder ein anderes Problem.

Was die Autoren eigentlich wollen ist nichts weniger, als menschliches Verhalten verständlicher zu machen. Dafür haben sie eine ganze Reihe an Effekten zusammengetragen, die die meisten von uns entweder aus eigener Erfahrung oder aus diversen anderen Artikeln schon kennen.
Der Punkt ist, dass in dem Buch über 120 Effekte vorgestellt werden und das auf grob 380 Seiten. Da bleiben nach Adam Riese etwa drei Seiten pro Thema. Gleichzeitig garantiert (!) einem das Buch auf der Rückseite über 100 Aha-Erlebnisse. Und auf der Rückseite stehen fünf Warum-Fragen... auf die ich persönlich mehr erwartet hätte als "Das hat man mit Experimenten getestet und statistisch geprüft und wir Menschen verhalten uns nun mal so."

Klassischer Fall von überhoben.

Wer sich einfach mal ein paar Beispiele für unlogisches menschliches Verhalten durchlesen möchte oder testen möchte in wie vielen er sich am Ende selbst wiederfindet, der kann hier gerne mal rein schauen. Es ist gut und flüssig geschrieben und mitunter auch witzig gemacht, aber Aha-Erlebnisse oder wirklich neue Erkenntnisse sucht man hier meistens vergebens.

(Um mal zu veranschaulichen was ich mit bekannten Phänomenen meine: dass ins Kurzzeitgedächtnis meistens nur 7 Dinge hinein passen, wir Menschen mögen in denen wir uns selbst erkennen und dass die Zahl der Helfer abnimmt je mehr Leute da sind, das Maß der eigenen Hilfsbereitschaft aber steigt, wenn man selbst gute Lauen hat, müssten die Meisten wirklich schon mal irgendwo gehört haben. Natürlich waren auch ein oder zwei neue Dinge mit dabei, die zumindest mir neu waren, etwa Diderots gespaltenes Verhältnis zu seinem Morgenmantel. Aber andere Dinge wie den Vorführeffekt, das TINA-Prinzip, das Catch-22 Dilemma oder das Stanford Prison Experiment kennen die meisten. Und wer meint, dass stimmt nicht, kann sich ja mal einen Abstecher zu Wiki erlauben, spätestens da kommt dann der Aha-Effekt. Allerdings nicht in Form einer neuen Erkenntnis, sondern eher in der Form dass schon Bekanntes einen neuen Namen erhält. Wie viele Menschen nun aber den Werther-Effekt kennen... nun, dafür bin ich als Germanist einfach mal der falsche Ansprechpartner. *g*)

Apropo Orga-Genie

Heute ist Mitteldeutscher Marathon. Ich bin heil froh dass ich aus der Innenstadt wieder raus gekommen bin. In HaNeu fahren wohl vorerst gar keine Bahnen mehr und 2, 5 und 9 fahren im Rest der Stadt mit großer Verspätung und teilweise auch auf alternative Routen.

Ob ich heute ernsthaft um zwei oder drei in der Bibo sitze, dass muss sich erst noch zeigen.

Zumal ja heute Abend noch mal ein richtig schönes Unwetter über diese Stadt hereinbrechen soll, was die hohe Luftfeuchtigkeit erklären hilft.
Und wahrscheinlich sind die Jogger heute alles andere als begeistert von den Temperaturen...

Ganz ernsthaft: wer heute auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen ist sollte ein wenig Zeit mitbringen.
Nur mal so als Serviceinfo... oder so.

Edit:
Ich habe gerade nachgeschaut. 15 Uhr ist der Marathon offiziell beendet. Danach dürfte sich der Straßenverkehr langsam wieder normalisieren.

Ich bin kein Buchblog

Auch wenn es in den nächsten Tagen wahrscheinlich wieder mehr danach aussehen wird. ^_~

Der Punkt ist, dass die Spielzeit ja erst langsam wieder anläuft.
Das Hoftheater mit den 39 Stufen ist erst mal fertig und gestern kam wieder Dracula.
Und weil ich Orga-Genie zu blöd bin auf meinen eigenen Kalender zu schauen habe ich verpeilt, dass ich in einer Stunde bei der Einführung zur Großen Freiheit 51 sein wollte und rotiere gerade das neben allem anderen auch noch auf die Reihe zu kriegen.
Und nächsten Sonntag ist dann die Spielzeiteröffnung - für die ich leider keine Zeit haben werde, bei der es dann aber erst mal wieder offiziell heißt, dass der normale Betrieb anläuft.

So, und nur noch ganz kurz als Fußnote, bevor ich dann wirklich los muss:
Ich war gestern mit einer Freundin noch einmal in Dracula. Dank des Tontechnikers denke ich auch nicht wirklich, dass ich mir das dieses Jahr noch mal ansehen muss - außer einer von Euch will noch mal ganz dringend mit und traut sich nicht allein. ^,..,~
Auf jeden Fall haben wir gestern Abend Ásgeir Páll Ágústsson zum ersten Mal als Dracula erlebt. Und ich muß ganz ehrlich sagen: seine Interpretation von Dracula gefiel mir am Ende sogar noch einen Tick besser als die von Herrn Vogel. Wirklich, wirklich klasse.

Und ich bin gerade dabei mich hier fest zu quatschen, obwohl ich keine Zeit habe. In so fern: frohen Sonntag und genießt den Start in die neue Woche. Ich mache mich jetzt erst mal los, zur Entspannung noch ein wenig Kultur tanken.