Samstag, 29. Januar 2011

Ostseeballade

Ich habe mir gestern Abend die Ostseeballade angesehen.

Um den Inhalt ganz grob zusammen zu fassen: auf einer einsamen Insel erhält ein Mann einen Anruf. Die Mauer ist gefallen. Einfach so. Von einem Tag auf den anderen. Jetzt könnte er so viel tun... zum Beispiel eine alte Geschichte endlich ins rechte Lot rücken, nur...

Tja, und ab hier wird es dann langsam kompliziert.
Zum einen und in erster Linie geht es um die deutsche Geschichte. Um die unfreiwilligen Völkerwanderungen nach dem zweiten Weltkrieg, die "Flucht vor den Russen", die Menschen die es nicht geschafft haben, um Notgemeinschaften und um den verzweifelten Versuch zu überleben und darum wieder Tritt zu fassen.
Es geht aber auch um die Teilung Deutschlands, einen gescheiterten Fluchtversuch und die Konsequenzen.
Und um eine Zeit in der Menschen innere Wunden erlitten haben, die ein Leben lang nicht mehr geheilt sind.

Was es etwas schwer macht zu folgen ist die Tatsache, dass beide Geschichten im Wechsel erzählt werden. Man braucht ein wenig, das ganze im Kopf zu ordnen. Ich bin mir auch nicht ganz sicher ob ich richtig mitbekommen habe, wie die Handlungsstränge zusammen hängen. Aber die sind am Ende eigentlich auch egal, denn es ist und bleibt eine beklemmende Darstellung deutscher Geschichte.

Keine leichte Kost, aber sehr sehenswert.

Paul Tempel und der Fall Gilbert

Im Zuge der ganzen Wallace Problematik habe ich mir mal - Zufallsfund in der Bibo - ein Hörspiel von Francis Durbridge angehört. Paul Tempel und der Fall Gilbert.

DAS hat Leute jahrelange gefesselt, den Zeitgeist getroffen und schlaflose Nächte provoziert? DAS?

Okay, es ist angeblich Fall Nummer 14, vielleicht gibt es ja auch schon Abnutzungserscheinungen. Aber mal ernsthaft:

Die Hauptpersonen sind an sprachlichem Manierismus zu erkennen. Mr. Temple sagt - oft genug ohne jede Regung dahinter - "Beim Morpheus". Seine Frau ist selbst dann noch verstrahlt amüsiert, wenn sie gerade fast umgebracht worden wäre. Was mir persönlich immer noch lieber ist, als die ganzen hilflosen Kreischerinnen, die selbstverständlich auch vorkommen... Und natürlich soll an dieser Stelle auch Mrs. Temples Kleiderfaible nicht unterschlagen werden, weil es sich dabei ja um eine so "unendlich kreative" Charakterisierung einer Frau handelt...

Dazu kommt eine Klangatmosphöre der man die Konserve genau anmerkt. Und teile der "gerade noch überlebt" Dialoge sind so dermaßen leise, dass man sich echt fragt wer das abgemischt hat.
Und dann die englischen Einschübe. Gruselig. Da sitzt Phoooooll und trinkt ein Glas Wiffky... Ich hab das am Anfang für Nuscheln gehalten, bis mir klar wurde, dass es ein "englischer Touch" sein soll.

Da hilft es auch nur noch bedingt, dass Mord, Totschlag, Entführung, Verschwörung, eine anstehende Hinrichtung eines Unschuldigen und der britische Ermittlungsapparat vorkommen.

Es ist mir egal ob es den Zeitgeist getroffen hat, es ist definitiv keine Offenbarung und es macht keine Lust auf noch mehr davon...

Donnerstag, 27. Januar 2011

Einführungsmatinee zu Lulu

Da war doch dieser Kommentar zum Thema Alter.
Ich komme mir eigentlich noch nicht wahnsinnig alt vor, aber wenn ich in der Oper irgendwo sitze und weit und breit die nächstältere Person jenseits der 40 sein dürfte... dann fühle ich mich wirklich alt. Etwas das in der Oper auch regelmäßig geschieht.
Auch, oder gerade bei Einführungsveranstaltungen.

Ich habe auf dem Weg dorthin sogar noch eine Studentin aus den Musikwissenschaften getroffen, die reichlich irritiert wirkte, dass ich mir so was an einem Sonntag überhaupt ansehe.


Wobei das mit dem Alter natürlich auch ein wenig Polemik ist. Ich habe einen Arbeitskollegen in der Ecke stehen sehen, von dem ich denke, dass er ein oder zwei Jahre jünger sein könnte als ich. Aber hinter uns lag dann wirklich erst mal eine Kluft die sich schon mal in Jahrzehnten messen lässt.

Apropo stehen: das musste die MZ natürlich aufbauschen: dass so Viele da waren, dass Einige stehen mussten. Ich empfehle einen Blick auf das Bild neben dem Artikel. Klingelt's? An dem gleichen Tag fand noch eine Vorstellung der Blume von Hawaii statt. Das Bühnenbild stand schon. Man konnte also schlecht einfach in den Saal. Es wäre schon gegangen, hätte aber auch einen ziemlichen Stilbruch bedeutet. Also ging es in das... Konzertfoyer (? Zwischen Parkett und erster Rang, da wo auch Getränke verkauft werden)
Und wer schon mal da war weiß: so unendlich viele Menschen passen da einfach nicht hinein.
Freilich waren viele da, vor allem wenn man bedenkt, dass mir, als ich zwei oder drei Wochen vorher anfragte, empfohlen wurde die Karte direkt vor Ort zu holen. Das heißt nämlich auch das kein Mensch vernünftig planen konnte...

Ich plaudere schon wieder aus dem Nähkasten, aber so ziemlich jeder der da war müsste das mitbekommen haben. Im Parkett wären wir sehr entspannt untergekommen und hätten ein recht trauriges Bild abgegeben.
Wobei man aber auch sagen musste, dass man sich im Konzertfoyer wirklich Mühe gegeben hat, noch Sitzgelegenheiten zu organisieren. Es hat eben nur nicht ganz gereicht.

Wie genau die Matinee abgelaufen ist, kann man sich ruhig auf der Seite der MZ durchlesen. Alles was dort steht wurde auch auf der Einführungsmatinee gesagt.
Abgesehen von einem Fehler: Lulu und ihre Beziehungen zu den Männern. Ich bin Germanist, ich habe keine Ahnung von Musik, aber bei Wedekind kenne ich mich ein wenig aus. Und Wiki hat nicht den Eindruck vermittelt, dass die Oper da zu sehr abweicht: Lulu hat ALLE Männer, bis einschließlich ihres Dr. Schön, geheiratet. Was sie in der Zwischenzeit mit Schön gemacht hat, steht auf einem anderen Stern. Und wie sie die Männer jeweils behandelt hat auch. Aber bis zu Dr. Schön waren das alles ihre Ehemänner. Nichts von wegen Einen heiraten und den Rest nebenbei halten. Nein, das lief jedes Mal mit Trauung. Was wahrscheinlich für die Männer den Schlag um so schwerer machte zu begreifen: dass ist meine Frau, und ich kann sie doch nicht an mich binden...

So, mehr wollte ich zur Einführungsveranstaltung gar nicht sagen. Wer was Inhaltliches wissen möchte, bitte wirklich mal bei der MZ nachschauen. Dass muss ich nicht noch mal aufschreiben. Vor allem nicht um die Zeit.

Mit einer Ausnahme vielleicht:
Frau Berndt meinte, dass sie sich schon sehr lange auf die Rolle vorbereitet, auch um das überstehen zu können. Lulu als Person ist ja nicht ohne. Das hat in diesem Fall zu weitreichenden Betrachtungen über die Liebe geführt, anhand eines Textes von Max Frisch. Tatsächlich mal lesenswert, auch wenn eine Dame sich beim herausgehen beschwerte, das habe absolut nichts mit der Oper zu tun. Darüber kann man geteilter Meinung sein. Wenn Frau Bernd ihre Rolle anhand dieser Seite ausrichten möchte, kann man es kennen. Und wer nach Max Frisch und dem Wort Liebe googelt, der wird den Text in mehreren Versionen finden... Einfach mal als Service für die Freunde von Hintergrundinformationen.


Ansonsten muß ich sagen, dass ich wahrscheinlich mit der Musik wenig anfangen kann, und mich doch auf den Abend freue. Ob es nun daran liegt, dass Frühling wird, dass das Thalia mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit gerettet ist oder aus irgend einem anderenm mir unbekannte Grund:
Das was ich in den letzten zwei Wochen gesehen habe wurde mit dermaßen viel Energie und Freunde gespielt, dass man einfach wieder kommen möchte. Ich werde mich wie gesagt bei diesem Stück wahrscheinlich mehr an die Handlung als an die Musik klammern. Aber ich gehe wirklich davon aus, dass es sehenswert wird.

Mittwoch, 26. Januar 2011

Der erste Traum des Leuchtturmwärters

Nach Shockhead Peter hatte ich wirklich vor mich näher mit dem Puppentheater zu beschäftigen. Es hat ewig gedauert, aber endlich ist es so weit. Es hat sich gelohnt. Es wird mehr folgen. Und hier beginnen wir mit dem Ersten Traum des Leuchtturmwärters.

Warum es ein Glücksfall war, dass ich so lange gewartet habe, erkläre ich zum Schluss.

Aber schauen wir erst einmal, wie weit wir mit einer konventionellen Chronologie kommen. Und wenn sich das mit dem Vorsatz beißt nicht zu viel zu verraten, dann kommen wir einfach auf den Glücksfall zurück.

Das eigentliche Stück handelt von einem Leuchtturmwärter. Ich weiß, so viel war offensichtlich. Nur hat sich bisher keiner für seine Geschichte interessiert. Und wo wir schon mal da sind...
Es geht eigentlich um die Lebensgeschichte eines Mann, der nie schlafen oder träumen konnte. Und der bisher auch nicht wusste, was ihm entgeht. Und irgendwo zwischen dem Moment, als der Sandmann zum ersten Mal begreift, dass er diesen Menschen bisher immer vergessen hat, und dem ersten Traum, erfährt der Zuschauer auf eine mitunter recht lakonische Art die wichtigsten Eckdaten dieses Lebens.

Das war das eine, dass mich wirklich beeindruckt hat: die Tatsache, dass man mit ein oder zwei Sätzen, sehr pointiert Bilder vermitteln kann, ohne diese direkt auszusprechen.

Und dann ist das Puppenspielen selbst etwas, dass mich einfach fasziniert. Ein Freund hat mir mal erklärt: als Schauspieler gibt man einer Figur ein, vielleicht zwei, höchstens drei feste Gesten oder Ticks mit und das muss als Charakterisierung neben dem Text reichen. Oft genug tut es das auch. Aber wie zeigt man, dass eine Puppe gelangweilt auf dem Bett sitzt? Klar, sitzen. Das gelangweilte hin und her schauen. Und? Das schon fast unbewusste Trommeln der Hand auf dem Kissen.
Und ich verstehe es beim sehen. Ich verstehe in dem Moment, dass es die Handbewegung ist, die das ganze wirklich lebendig werden lässt. Und ich kann trotzdem nicht aufhören fasziniert hin zu sehen. Und genau das ist es, was mich am Ende mit der Handlung mit gehen lässt.

Und ich verstehe auch endlich, warum ich schon mehrfach gehört habe, dass Puppentheater sei gar nicht in erster Linie für die Kinder da. Natürlich können Kinder hier folgen. Wahrscheinlich sogar problemlos. Aber hinter der knappen Ausdrucksart stehen manchmal sehr komplexe Gedanken - die mich in der Darstellungsart wirklich begeistert haben.

Abgesehen von vielen wirklich liebevollen Kleinigkeiten. Sei es nun das Leuchtturmlicht oder das halb-runde Bett. Oder eines der anderen...

So, genug geschwärmt. Kommen wir noch zu dem Glücksfall vom Anfang zu sprechen:
Ich bin erst eine halbe Stunde vor der Veranstaltung dazu gekommen mir die Karte zu besorgen. Und ich stellte vor Ort fest, dass sich neben mir noch mindestens eine größere Gruppe eingefunden hatte. Und, eigentlich in erster Linie denen, im Grunde aber uns allen, hat man daher eine Theaterpädagogin an die Seite gestellt, die nun versuchen durfte einen Raum Erwachsener einleitend zu bespaßen.
Auf jeden Fall hat hat sie uns schon ein Mal beruhigt, wir müssten nicht beim Stück mitspielen. Was sie aber nicht daran hinderte uns am Ende je einen Stift und ein Blatt in die Hand zu geben und uns zu bitten, alles festzuhalten, was uns dazu spontan einfällt, egal ob in Wort oder Bild. Natürlich nur für uns selbst...
Wer bei so was Mitmach-Phobien verspürt sei beruhigt: es ging eigentlich nur darum den Darstellern eine Umziehpause zu gönnen.Die standen nämlich wirklich noch Rede und Antwort.

Hier wird es dann vielleicht auch noch mal für die interessant, die schon drin waren:
Wir haben unter anderem erfahren, dass es noch zur Premiere ein komplett anderes Bühnenbild gab. Es gibt ja einen kleinen Leuchtturm, vorne auf der Bühne, auf dem zu Beginn die Handlung spielt. Und dann noch mal das Innere des Leuchtturms auf der eigentlichen Bühne, auf der ein Großteil der Handlung spielt.
Die Aufteilung ist komplett gleich geblieben. Nur haben Kommentar von Kollegen dazu geführt, dass praktisch die gesamte Kulisse auf der Bühne mit einer Art weißen Patina überzogen wurde. Sieht sehr gut aus, ist aber noch nicht lange so. Es soll einfach den Übergang einfacher machen.
In der Konzeptionsphase sind wohl auch zwei Puppen aus dem Theaterstück herausgestrichen, namentlich eine ältere Version des Jungen und... die offensichtliche Leerstelle.

Wups, da hätte ich doch fast zu viel verraten. Und ich bin mir noch nicht mal ganz sicher, ob ich Letzteres überhaupt hätte sagen sollen. Aber interessant war's durchaus.

Ich fand die Vorstellung auf jeden Fall sehr angenehm. Und vor allem beruhigend, dass fast alle Anwesenden merklich älter waren als ich.

So, und mir rennt jetzt die Zeit davon.
Das Puppentheater ist auf jeden Fall einen Versuch wert. Ich kenne auch Menschen, die mit dieser Art von Darstellung gar nichts anfangen können. Aber Alles in Allem war es ein wirklich gutes Stück, das Lust auf mehr gemacht hat.

Dienstag, 25. Januar 2011

Newsticker

So, Versprechen gehalten. Die nächsten Beiträge sind schon in Planung. So können wir uns noch zwei anderen Dingen widmen:

Speziell für Studenten:
Die Bühnen Halle bieten mittlerweile auch Studentenpreise für Premieren an. Die liegen meist bei 10 Euro, außer es ist ein Teil von Wagners Ring, dann wären das 15 Euro.
So lange mir keiner die letzte Karte vor der Nase wegschnappt: macht reichlich gebrauch davon. Und sollte mal wer eine Quelle brauchen: es stand im Twitterprofil der Bühen Halle selbst, genauer gesagt hier.

Und für die Fans von Herrn Straube:
Er hat ja zu Beginn der Spielzeit sein 40jähriges Bühnenjubiläum hier in Halle gefeiert. Und da alles zwei Seiten hat: Eigentlich sollte er zum Ende der Spielzeit auch aus dem festen Ensamble ausscheiden.
Aber - und das habe ich an der Theaterkasse erfahren, gehe also davon aus, dass es offiziell ist - Herr Straube hat eine Verlängerung seines Vertrages erhalten und zwar noch eine ganze Weile.
Wer den Fröhlichen Hypochonder gesehen hat, könnte ihn jetzt vielleicht schon fast bemitleiden, aber auf der Bühne macht Herr Straube eigentlich nicht den Eindruck, als würde er ans Aufhören denken.
Eine Bekannte von mir wird diese frohe Kunde mit einer Premieren-Karte für die Pension Schöller feiern. Und wer das weiter oben gelesen hat...

Nur so als subtiler Hinweis. *g*

Der Sturm

Also gut, aller guten Dinge sind drei, darum fangen wir hier noch einmal komplett von vorn an... mit der Hilfe von ein wenig Kaffee.

Und während das Koffein sich langsam seinen Weg sucht, hier noch zwei kleine Anekdoten:
Ich habe wie meistens die Karte erst wenige Sekunden vor der Angst geholt und kam daher tatsächlich in den Genuss mal einen Schauspieler zu erleben der sich (ich denke mal aus Zeitnot) an der Kasse kommentarlos vordrängelte.

Und ich habe einen Bekannten im Publikum entdeckt (passiert selten genug und ist wirklich eine eigene Erwähnung wert), der meine Meinung teilte: das Stück war umwerfend. Wir sind uns nicht darüber einig geworden wie gut oder schlecht nun der Theatermacher sei, aber hier hatten wir den gleichen Geschmack.

Und, kleiner Tipp für Alle die noch nicht waren: ruhig eine Viertelstunde eher da sein und Platz nehmen. Es gibt auf drei Seiten eine Projektion die schon einmal auf das kommende Stück einstimmt. Abgesehen davon, dass ich den Stil wirklich mochte, gehört es ja auch irgendwie mit zum Gesamterlebnis. Da kann man sich die Projektion auch mindestens einmal ganz ansehen.

Und damit geht es los: Vorhang auf, der erste Blick auf das Bühnenbild und: WOW!
Ja, in dem Fall wirklich in Großbuchstaben.
Um das ganz grob zu umreißen: Sehr verhaltene Farben, es gibt kleinere Wasserflächen, Wege dazwischen, einen Umlauf mit mehreren Ebenen und vorne noch genug Platz die Schiffsimprovisation vorbei fahren zu lassen. Dazu noch brennende Kerzen im Wasser. Und nicht nur wächst einem das Bühnenbild schnell ans Herz, es vermittelt außerdem eine sehr eigene Atmosphäre.

Oder, um langsam mal auf den Inhalt zu kommen: Der Sturm handelt von einem vertriebenen Herrscher, der mehr oder weniger forciert Rache übt. Hilfreich sind ihm dabei diverse Elementargeister und eine Prise Zufall.
Germanisten und Anglisten könnten hier jetzt noch weiter ausholen. Ob es nun wirklich Shakespeares letztes Stück war oder nicht. Und was er damit überhaupt sagen wollte. Im Rahmen dieses Blogs möchte ich eigentlich nur darauf hinweisen, dass es zwar ein bekanntes Werk ist, es aber nur bedingt die Dinge enthält für die Shakespeare berühmt wurde: es gibt keine humorvollen Liebesverwicklungen, es stirbt keiner auf besonders tragische Art. Prosperos Verhalten Caliban gegenüber würde man aus heutiger Sicht als rassistisch bezeichnen. Und Miranda, eine der wenigen weiblichen Figuren, ist mit "weltfremd" auch noch sehr vorsichtig umschrieben...

Und das soll sich jetzt wer ansehen? Warum?

Vielleicht aus einem so einfachen Grund wie der Tatsache, dass sich das Stück erst im Sehen richtig erschließt.
Ich habe den Sturm schon zwei oder drei Mal gelesen. Wobei die Standartfloskel für die meisten größeren Werke der Weltliteratur eh lautet, dass man sie immer wieder neu lesen kann und immer anders entdeckt. Mir hat sogar mal jemand gesagt, Faust könne man frühestens mit Mitte 30 richtig verstehen. Das hat keinen davon abgehalten uns schon in der 10ten... naja, das sind auch wieder andere Themen.
Fakt ist, dass ich den Sturm bisher nie so gelesen habe.
Prospero ist schon nicht mehr ganz von dieser Welt, Ariel liegt ihm mitunter scheinbar mehr am Herzen als seine eigene Tochter und... ach, nenne wir das Kind beim Namen: Jörg Lichtenstein als Vertriebener hatte - zumindest für mich - eine unglaubliche Bühnenpräsenz. Daneben wirkte Alonso mit seinen "Beratern" schon fast ein wenig blass. Nicht dass sie schlecht waren, ich war einfach nur nicht böse als sie endlich wieder verschwunden sind und es mit den Teilen der Handlung weiter ging, die mich mehr interessierten...

So, und jetzt musste ich erst mal das Programmheft wieder vor wühlen, bevor es in der richtigen Reihenfolge weiter gehen kann.
Natürlich waren die Schauspieler gut. Hilmar Eichborn gibt einen wirklich gut nachvollziehbaren Caliban, um nur ein Beispiel zu nennen. Und auch Magda Lena Schlott als Miranda hat mich beeindruckt.
Aber wer an dieser Stelle wirklich namentlich erwähnt werden muss ist Steffi König als Ariel. Was sie neben dem schauspielerischen noch gesanglich geleistet hat ist absoluter Hammer. Und das sage zur Abwechslung mal nicht nur ich als Musiklaie, sondern auch der weiter oben erwähnte Bekannte, der seines Zeichens immerhin Musikwissenschaften studiert hat. Und das sehr erfolgreich.

Zwei kleine Kritikpunkte hätte ich an der Stelle aber doch noch, nur damit es nicht ganz so einseitig aussieht:

Das Stück ist offiziell eine Co-Produktion zwischen nT und Puppentheater. Worunter ich persönlich mir so etwas erhofft hatte wie etwa in Shockhead Peter. Die Darsteller des Puppentheaters einfach mit einer Maske auf die Bühne zu stellen ist sicherlich legitim, es hat dem Stück auch keinen Abbruch getan. Alles andere wäre vielleicht auch schwer realisierbar gewesen. Ich finde es trotzdem ein klein wenig schade.

Und: Zwei Euro für das Programmheft sind eine Frechheit. Ich neige normalerweise dazu so was netter zu formulieren, aber trotzdem: hier ist auf jeden Fall was schief gelaufen. Das betrifft weniger das Heft selbst. Es handelt sich um wenig aussagekräftigen Text, unterlegt mit einer sehr schönen Fotostrecke, an der man das Entstehen von Bühnenbildern und ähnlichem verfolgen kann. Wer sich, wie ich, für solche Dinge begeistern kann, soll gerne zugreifen. Aber was war mit dem Grafiker los? Bis auf zwei Seiten ist das Heft sehr professionell gemacht, aber die zwei Seiten die es betrifft sehen aus als hätte ich fünf Minuten in Gimp gespielt, und zwar mit einem Bild dessen Auflösung eigentlich zu gering ist.
Ich weiß nicht was mutiger ist: das als Arbeit abzugeben, zu sagen dass das so gedruckt werden kann oder sich hin zu stellen und den Leuten zwei Euro dafür aus der Tasche zu ziehen, weil es so im Arbeitsvertrag steht...

Also in kurz:
Stück: absoluter Hammer. Super Inszenierung, sehr gute Darsteller, wunderschönes Bühnenbild, schöne Projektion zu Beginn, sehr schöner Gesang. Absolut sehenswert.
Programmheft: Nur für Liebhaber empfehlenswert.
Extra-Hinweis: Ruhig eine Viertelstunde eher da sein und die Projektionen genießen.

Und damit viel Vergnügen im Theater!

Sonntag, 23. Januar 2011

Ein Dank, ein Versprechen und eine Bitte

Also gut: für den einen Menschen der mich tatsächlich halbwegs regelmäßig über Google sucht:
Ich verspreche ab Mitte/ Ende nächster Woche kommt hier wieder Leben rein.
(Übrigens: Danke, wer auch immer Sie sind. Ich verspreche, die Rezension zu Shakespeares Der Sturm ist die nächste und kommt innerhalb der nächsten sieben Tage.)

Bis dahin habe ich mal eine Bitte an Alle die sich sonst hier her verirren:

Ich werde mich mal ein halbes Jahr mit den Edgar Wallace Filmen beschäftigen. Kann mir wer Filme/ Serien empfehlen, die in der gleichen Zeit erschienen sind? Wenigstens gefühlt?

Objektiv ist das 1959 bis 1972, aber ich bin momentan nicht wählerisch.

Ein Dr. Mabuse Teil liegt eben so hier wie M. Eine Stadt sucht ihren Mörder. Und der Jackpot: die erste Box von Mit Schirm, Charme und Melone für gerade mal 10 Euro. Und obskure Klaus-Kinski Filme werden auch gerne genommen.

Außerdem, zum Ausbalancieren suche ich noch allgemeine Empfehlungen. Sehr hoch im Kurs steht bei mir momentan Black Books und die Sherlock Holmes Serie mit Jeremy Brett. Jekyll fand ich persönlich sehr gut. Und ein Freund hat mir Breaking Bad empfohlen. Wenn jetzt wem außer Jeeves und Wooster oder Faulty Tower noch was einfällt (beides nicht so ganz mein Humor), wäre ich zumindest neugierig.

(Ich bin auch prinzipiell bereit Hallenser mit Kaffee zu bestechen. Und würde mich freuen wenn die Kommentar-funktion auch mal wer nutzt.)

(Und ja, es ist Sonntag, ich sitze im erschreckend gut gefüllten Juridikum UND ich habe langsam keine Lust mehr zu lesen. Und noch gut 200 Seiten vor mir, in Mikro-Schrift... Tschuldigung, das mußte ich auch mal los werden. Aber zumindest erklärt es diesen Beitrag.)

So, dafür ab nächstem Post wieder kulturell, versprochen,
vom Kulturjunkie.

Sonntag, 9. Januar 2011

René Marik

Ich hab mich gestern richtig geärgert. René Marik lief auf RTL und ich hab nicht nur die Hälfte verpaßt, sondern auch noch verpennt das Programm aufzunehmen. Also steht heute vor dem Mittag erst mal die Wiederholung an. Und wer Zeit hat sollte wirklich mal rein schauen.

Wie ich jetzt schon wieder auf so was komme? Ich habe vor einer Weile mal durch Zufall mitbekommen, dass Hella von Sinnen ein Riesen Fan des kleinen Maulwurfs ist und hatte da an die Trickfilmserie aus meiner Kindheit gedacht, nicht an Puppentheater. Ich habe bei der Gelegenheit auch einen kleinen Ausschnitt des Programms gesehen und im ersten Moment ist es nicht viel mehr als eine Handpuppe mit einem Sprachfehler. Das weiß man die ganze Zeit. Und trotzdem habe ich mir am Ende von Autschn! gedacht: "Das kann er nicht machen! Das geht doch nicht! Nein!" Und genau das ist die eigentliche Kunst: Mit Dramaturgie und einer Hand voll Gesten Mitgefühl für eine Handpuppe zu erzeugen.

Und ja, es ist ja nicht nur der Maulwurf. Da gibt es noch den Frosch, einen Eisbären, zwei Lappen, Barbie (ich meine natürlich Rapanze) und dieses Mal auch noch ein paar neue Figuren. Zum Beispiel den Hasskasper.

Das klingt jetzt alles wahnsinnig nüchtern. Und am Anfang habe ich mich auch gefragt: Warum lachen die? Was ist daran lustig? Und 10 Minuten später habe ich selbst mitgelacht. Es ist einfach sehr schwer sich dem zu entziehen. Und auch wenn ich weiß wie das Programm dramaturgisch funktioniert, ist es einfach sehr schwer sich dem Reiz zu entziehen.

Wer es nicht glaubt kann es sich nachher ja mal ansehen. (Und es ist ganz nebenbei Werbung für das Puppentheater hier in Halle, in dem René Marik für einige Zeit gearbeitet hat. Nur um das mal auch noch unter gebracht zu haben.)



Und weil ich einmal beim Schreiben bin:
Ich war vorgestern mit einer meiner Lieblingstanten (die Auswahl ist einfach zu groß) in Du musst die Männer schlecht behandeln. Ist eine längere Geschichte, aber: falls irgendjemand Ambitionen in diese Richtung hat: unbedingt zeitig da sein!!! Ich war eine halbe Stunde vor Beginn da und habe erst mal blöd geschaut, weil das Cafe schon halb voll war. Und meine Tante ist noch ein gutes Stück vor mir gekommen und die meinte, selbst da saß schon an jedem Tisch jemand und hat Plätze für Hinz und Kunz besetzt. Unabhängig davon was ich vom Deutschen Mallorca Syndrom halte: frühes Kommen sichert zusammenhängende Plätze, vielleicht auch weiter vorne...

Samstag, 1. Januar 2011

Na dann mal ein frohes Neues an Alle.

Hallo 2011. Mal schauen wie es wird.

Und alle die heute erst mal ihren Kater pflegen oder es sonst wie ruhig angehen lassen wollen:
http://asofterworld.com/

Es ist so eine Art Weiterentwicklung des Comics, den ich persönlich sehr mag aufgrund dieser leicht bitter-süßen Grundstimmung. Wer mit dem Mauszeiger einen Moment über den Bildern verbleibt bekommt meistens noch einen weiteren Kommentar angezeigt. Auch wieder Englisch und bei manchen Texten (nur wenigen) nach nur bedingt Jugendfrei. Aber ihr werdet es schon überstehen.

Na dann: nutzt das Wochenende um euch zu regenerieren. Oder um einfach mal auszuspannen.

Und vergesst die guten Vorsätze lieber gleich wieder. Spätestens in einer Woche sind sie doch eh wieder Geschichte. Oder?