Donnerstag, 17. Juni 2010

Die Zauberflöte

Also gut, nachdem ich jetzt drei Mal angesetzt habe und einfach nicht weiter komme, gibt es jetzt zwei Möglichkeiten:

Ich schreibe einen Eintrag darüber, warum ich die Zauberflöte als eine Ansammlung von Psychopathen und Manisch-Depressiven empfinde. Das wäre zwar für mich jetzt fraglos entspannend, nur leider ist mir daran ein wenig die Freude vergangen, seit mich ein intelligenter Mensch darauf aufmerksam gemacht hat, dass ich da was ein wenig missverstanden habe: Was ich eigentlich als Stockholm-Syndrom gewertet hatte, sollte im Original eine versuchte Vergewaltigung darstellen. Und auch wenn bei mir Ironie, Sarkasmus und Zynismus mitunter seltsame Zweckverbände eingehen, möchte noch nicht einmal ich darüber Witze reißen...

Oder zweitens: wir lassen die Handlung außen vor, ich krame ganze tief in meinem Gedächtnis und versuche hervorzuheben was an der Oper gut war, nämlich so ziemlich alles außer der Handlung.

Fangen wir mit meinem persönlichen Highlight an: Gerd Vogel gibt den Vogelhändler im Pinguinkostüm. In erster Linie eine Sprechrolle - in breitestem Sächsisch. Und ich persönlich würde ihm wahrscheinlich auch dann noch zuhören, wenn er das Telefonbuch vorläße. Außerdem war Papageno definitiv meine Lieblingsrolle, schon allein weil sie praktisch alles auf der Bühne ironisch bricht... nur dass ihm irgendwie keiner zuhört.

Das Bühnenbild war ein Traum. Ich habe mich mittlerweile an die etwas kargen Multifunktionsbühnenbilder der Oper gewöhnt und bin sogar - zum Beispiel bei Edgar Allan Poe oder Falstaff - regelmäßig überrascht, wie vielfältig man manches nutzen kann, aber die Zauberflöte hatte wirklich noch "normale" Bühnenbilder. Nicht sonderlich helle und freundliche, aber sehr schöne. Gut, nicht gerade wenig war mit Freimaurersymbolen durchzogen, von denen ich als Ahnungsloser sehr wenig hatte, aber trotzdem sehr liebevoll gestaltet.

Und: die Zauberflöte eignet sich sehr gut als Einstieg in die Oper allgemein. Die Lieder sind mitunter so eingängig, dass man sie für extra Kinder-Opern-Produktionen nutzt. Die Oper selbst ist für Kinder zweifelsfrei etwas lang, nicht sonderlich actionhaltig und wie oben angesprochen vielleicht inhaltlich auch nicht unbedingt kompatibel. (Wobei mir das mal jemand mit einem sehr schönen Totschlag-Argument ausgeredet hat: "Als Märchen funktioniert's". Das tun die Werke der Gebrüder Grimm immerhin auch, also warum soll ich da noch argumentieren?)
Auf jeden Fall sind die Texte auch für Opernlaien noch hörbar. Selbst ich bin mitgekommen. Man schaut also nicht grob drei Stunden auf Pantomime mit musikalischer Untermalung, sondern kann wirklich folgen. Gerade für den ersten Kontakt mit einer Oper sicherlich ein wichtiges Kriterium.

Und - ich kenne mindestens zwei Menschen, die sich von folgendem Argument beeindrucken ließen - wenn man die Zauberflöte erst mal gesehen hat, kann man mindestens eine Frage mehr in der Trivial Pursiuit Genius Edition beantworten...


Und, trotz meinem Widerwillen gegen das Stück, muß ich eingestehen, dass ich immer noch am überlegen bin, mir das ganze Ende des Jahres vielleicht mal in Bad Lauchstädt anzusehen. Mir wurde im Laufe des Studiums gewiss 10 Mal erzählt, wie früher (als sich die Studenten noch wie die Beherrscher der Stadt aufgeführt haben) viele bis nach Bad Lauchstädt gelaufen(!) sind, um dort ein Stück zu sehen (Halle hatte noch kein eigenes Theater), dort übernachteten und am nächsten Tag zurück stiefelten. Ich für meinen Teil würde ja öffentliche Verkehrsmittel vorziehen. Aber sehen würde ich das schon gerne mal. Vor allem, nachdem ich mal ein paar Bilder vom Goethetheater von Innen gesehen habe...

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