Etwas, dass ich am Hoftheater immer wieder bewundere, ist die Genauigkeit, mit der die Stücke den lokalen Gegebenheiten angepasst werden. Die 39 Stufen sind eine große organisatorische Leistung, keine Frage. Sie sind außerdem witzig und haben gleichzeitig den Charme von alten Agenten Filmen. Und zumindest nach dem ersten Sehen fällt es mir schwer zu sagen wo einige Pannen aufhörten und die bewusste Inszenierung anfing. Gut möglich, dass die Grenzen einfach fließend waren.
Kaum ein Teil des Hofes wurde in diesem Stück nicht zum fliehen, laufen, auftreten, verfolgen, Rollenwechseln oder verschwinden genutzt.
Und ein kleiner Tipp: Die Plätze am Mittelgang sind mit die Besten - ruhig auch ein klein wenig weiter hinten. Gute Sicht auf die Bühne und da regelmäßig jemand an einem vorbei spurtet, kriegt man dort auch das Meiste mit.
Apropo Rollenwechsel:
Das ist einfach faszinierend. Im Programmheft steht glaube ich was von 50 Rollen mit 4 Schauspielern, oder so.
Jonas Schütte spielt den Verfolgten. Lane Zipp ist mal die die Leiche in seiner Wohnung, mal die Frau an seinem Handgelenk. Und Peter W. Bachmann und Andreas Range besetzen dann alle Rollen, die damit noch nicht abgedeckt sind - also eine ganze Menge.
Eine der beeindruckendsten Szenen war es, als Andreas Range mit drei Kopfbedeckungen gleichzeitig hantierte, um einen drei-Mann-Dialog in Personalunion darzustellen. Ich frage mich immer noch, wie man sich so was im Kopf organisiert, um nicht durcheinander zu kommen.
Und dann sind einfach eine Menge Versatzstücke aus Filmen wieder verwendet. Die meisten Szenen kennt man irgendwie und hat eine ungefähre Vorstellung was passieren wird - auch wenn man die Filmvorlage noch nicht gesehen hat. Aber teilweise folgen diese so schnell aufeinander, dass es einen einfach mitreißen muß.
Ein kleines Beispiel: einen Milchmann davon zu überzeugen, dass er einem auf der Flucht hilft, ist nichts grundlegend neues. Nun war der Dialog aber schon so verzweigt, dass ich ohne den Hinweis am Ende gar nicht gemerkt hätte, dass der Mann mit seinem eigenen Geld bezahlt wird - auch wenn gerade das wieder eines der Versatzstücke aus der Geschichte solcher Agentenfilme ist, oder wenigstens aus deren Parodien.
Und ja, das wirkt auf der Bühne wesentlich besser und lebendiger, als wenn ich das hier erzähle.
Zwischendurch sind selbst die Schauspieler nicht von einem Lachanfall verschont geblieben.
Die Vorlage war aber auch viel zu gut.
Andreas Range war, in einer seiner viel zu vielen Rollen, das schlechte Zweitgebiss heraus gefallen, welches er direkt wieder einsetzte, nur eben verkehrt herum. Jonas Schütte versuchte zum einen seinen Lachanfall in der Fuchsstola seiner Vorderfrau zu ersticken, zum anderen trotzdem mit gepresster Stimme ein Zimmer zu bestellen. Lane Zipp wirkte auch nicht ernsthafter. Und nachdem Peter W. Bachmann endlich verstanden hatte was hinter ihm los war, konnte er sich selbstverständlich einen Kommentar zum Thema Haftpulver nicht verkneifen...
Wer soll denn in so einem Moment noch ernst bleiben?
Die 39 Stufen gehören auf jeden Fall zu den Stücken, die ich mir nächste Spielzeit noch einmal ansehen würde. Die erste Bekannte hat schon gemeint, dass sie das Stück auch sehen möchte. Frischluft und Lachen sind ja ohnehin eine gute Kombination. Und: ein klein wenig neugierig bin ich schon, wie sich die nächste Vorstellung von der unterscheiden würde, die ich gesehen habe...
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