So, der Kaffee steht bereit. Dann wollen wir mal.
Erst Mal muss ich sagen: es frühlingt. Ich saß gestern mit einem improvisierten Abendbrot auf dem Uniplatz, habe etwas gelesen und nebenbei dieses ominöse Ding Namens Sonne genossen. Das war richtig angenehm. Nicht zu warm, nicht zu kalt. Sehr schön.
Und entsprechend vorentspannt bin ich dann auch rechtzeitig in die Oper herüber gestiefelt und habe mich einfach mal überraschen lassen. Bei der Einführungssoirée war ich ja, was das mitdenken etwas vereinfachte. Ich wußte ja grob was auch mich zukommt.
Noch ein Blick auf das Bühnebild, viele weiße Flächen bilden eine solide Wand, nur selten geöffnet um einen Durchgang nach draußen zu schaffen... und dann war ich geistig auch erst mal eine Dreiviertelstunde weg. Ich erinnere mich noch wage an den Gedanken "Hilfe, und das geht jetzt 50 Minuten so?". Und dann war es auch schon um. Einfach so.
Barnada Albas Haus selbst basiert ja auf einem Buch von
Die Grundidee ist, das Bernada Alba gerade zum zweiten Mal Witwe geworden ist und um ihren Kindern das Leid in der Welt und vor allem in ihrem Dorf zu ersparen, verordnet sie eine Trauerzeit von acht Jahren, in denen niemand das Haus verlassen darf. Das wird nicht direkt gesagt, steht aber im Programmheft. Und wenn das tatsächlich gut gehen würde, hätten wir hier kein Ballett. Nur um schon mal das Offensichtliche zu sagen.
Während die Älteste bereits versprochen ist und weiß, dass sie früher oder später aus diesem Gefängnis heraus kommt, beobachten ihre vier Schwestern das Treiben teil neugierig, teils neidisch. Und es ist die Jüngste, die schließlich ein Kind vom Verlobten ihrer Schwester erwartet.
Mal abgesehen von den etwas wirren Familienbeziehungen, müsste man so weit im Grunde mitkommen.
Schwieriger wird es dann bei den etwas metaphorischeren Stellen.
Die Mutter pendelt zwischen liebend und tyrannisch. Die Älteste zwischen glückseliger Freiheitserwartung und einer fast perfekten Kopie ihrer Mutter. Die Jüngste entwickelt ein bemerkenswertes Selbstbewußtsein aus ihrer Tat. Und der Rest versucht einfach nicht unter die Räder zu kommen. Warum sich die Frauen dabei unter anderem die Hände, Herzen, Münder, Hälser, Rückräder oder auch den Schoß symbolisch mit Nadeln durchboren.... darüber soll um die Uhrzeit bitte jemand anderes nachdenken.
Fakt ist aber: mit einem Tisch, den Wänden, einer ansonsten kahlen Bühne und den wirklich hervorragenden Kostümen ist ein brilliantes Stück gelungen. Gerade von dem Kostümen war ich begeistert. Der Stoff tat zwar nicht immer das was er sollte, aber die einfachen Kleider erlauben vom züchtig verhüllten Knöchel bis zum freizügigen Bein alles und wurde auch genutzt um die kleinen Freiheiten zu symbolisieren, die sich die Töchter nehmen, wenn ihre Mutter mal gerade nicht neben ihnen steht. Und gerade dieses Hin und Her zwischen Freude und Angst mach den Reiz aus.
Dramaturgisch sehr, sehr schön. Inhaltlich haben auch Andere etwas gerätselt. Aber trotzdem in sich sehr verständlich und wirklich empfehlenswert.
Die Musik, zumindest in den Momenten in denen ich wirklich zugehört habe und nicht nur gebannt nach vorne schaute, war auch sehr schön.
Das war definitiv besser als ich es erwartet hatte.
Und hätte sich irgendjemand in meiner Umgebung getraut begeistert aufzustehen, ich hätte mich daneben gestellt. Für einen Hallenser schon fast die oberste Grenze der Begeisterungsfähigkeit. Mal abgesehen von dem ewig langen Applaus.
Und diese Begeisterung ist um so wichtiger, da ich persönlich von den Vier Jahreszeiten ein wenig enttäuscht war.
Ich will das kurz erklären: sie waren sehr schön, sehr sehenswert, sehr persönlich, aber schade um die schöne Musik.
Ralf Rossa hatte ja schon in der Soirée gesagt, dass er mit den Vier Jahreszeiten eine Tänzerkarriere nachbilden möchte. Angefangen von den ersten Schritten bis hin zum absehbaren Ende aufgrund körperlicher Verschleißerscheinungen.
Wer weiter hinten saß hat wahrscheinlich nicht ganz so mitbekommen, dass das Bild teilweise ein wenig grisselig war und vor allem besser gehört. Bild? Yep, es gibt Videoausschnitte. Zum einen persönliche Meinungen der Tänzer über ihre Karriere und zum anderen ungewohnte Perspektiven auf die Tanzenden.
Gerade Letzteres hat mich jedes Mal wieder heraus geworfen. Was im Hintergrund eingespielt wird, sind Aufzeichnungen dessen was man gerade sieht und eben keine Live Aufnahmen. Aber selbst als ich das begriffen hatte, hat ein Teil von mir immer noch das auf der Bühne mit den Wiedergaben im Hintergrund verglichen, um sicher zu gehen. Ich bin teilweise einfach nicht dazu gekommen, mich wirklich auf die Tänzer zu konzentrieren. Und so nett der Perspektivenwechsel war: man geht ja nichts in Ballett um die Wand anzustarren.
Und wie gesagt, ich traure immer noch ein wenig der Musik hinterher. Die Vier Jahreszeiten in einer Aufnahme von Nigel Kennedy. Ich hätte sie sehr gerne am Stück gehört, werde das wohl aber auf nächste Woche verschieben müssen, wenn ich mir die CD holen kann.
Das wäre ja auch in sich zu verschmerzen. Gerade die persönlichen Meinungen zwischendrin haben ja schon einen gewissen menschlichen Reiz. Auch wenn ich persönlich nichts gehört habe, dass ich nie erwartet hätte. Leider haben sie aber auch die gesamte Struktur irgendwie zerschossen. Irgendwann hat man versucht nach jeder Einheit zu klatschen, wurde dann aber sofort von der Musik wieder abgewürgt. Ich habe es zwischendrin irgendwann ganz aufgegeben zu klatschen und einfach zum Schluss applaudiert.
Das klingt jetzt mal wieder weit kritischer als es war. Man kann es gesehen haben. Die Vier Jahreszeiten verkommen fast zur Staffage, Hildegard Knef sang zwischendrin immer wieder mal mit und wenn man sich zurück lehnt und doch mal das große Ganze betrachtet sieht es auch wirklich gut aus. Und es ist einfach eine Liebeserklärung an den Tänzerberuf. Es war nur eben nicht das, was ich mir erhofft hatte.
Kurzfassung für Eilige:
Bernada Alba: Top. Sehr ergreifend und komplex. Teilweise etwas kryptisch. Aber sehenswert.
Die Vier Jahreszeiten: Hildegard Knef macht mit. Leinwandbeiträge hätten besser sein können. Eine Liebeserklärung ans Ballett. Sehenswert, aber nicht dass, was ich erhofft habe.
Und das was mir jetzt noch auf der Zunge liegt liefere ich nachher in einem Extra Beitrag nach.
hallo...
AntwortenLöschenDie getanzte Aufnahmen sind doch live!!!!
Schön aber dass sie von ballett rossa schreiben!! Wir geben uns mühe!! ;-)Danke
Ich habe zu Danken, dass hier tatsächlich auch Menschen vorbei schauen, die ich nicht persönlich kenne.
AntwortenLöschenAber das mit dem Live tut mir wirklich leid. Nun bin ich als angehender Medienwissenschaftler nicht nur mäklig, ich habe sogar trotz Brille noch schlechte Augen... Das wirft kein zu gutes Licht auf den Rest der Rezension. ^_^;;
Daher: Ich gelobe mich beim nächsten mal Carmina Burana wieder weiter hinten hin zu setzen und mich mehr aufs Große Ganze zu konzentrieren. ^_^;;
habe nichts anzufügen: bernada albas haus war großartig!! die vier jahreszeiten aber gingen gar nicht, es lief nicht, man wurde durch die biographischen einlassungen der tanzenden aus den vier jahreszeiten und durch die vier jahreszeiten aus den biographischen einlassungen geworfen.
AntwortenLöschenmal abgesehen davon, dass die projektionen technisch nicht ganz uptodate schienen war es schlicht eine blöde idee, die auf kontinuierliche abfolge getrimmte musik durch gesprächsfetzen und offenbarungseide (und am schlimmsten: durch knefs betroffenheits- und besinnungsmusik) zu unterbrechen resp. vielmehr abzuwürgen! die idee mag reizvoll sein, den ablauf der dinge in den jahreszeiten und im biographischen geschehen von tänzer_innen zu vergleichen; ich bleibe aber dabei: es funktionierte nicht! zu kopflastig!
wo ich dabei bin: in beiden stücken fand ich die musik vom rang aus gehört zu leise. daneben hat mich bei bernada albas haus der streicherteppich genervt, der schlicht flach den rest überfärbte. die percussion-sache am tisch zu beginn, war "cool", am ende gewann die musik auch an dynamik, aber dazwischen hat für mich atmosphäre gefehlt. das die vier jahreszeiten von kennedy eingespielt wurden war mir bislang nicht bekannt - gewünscht hätte ich mir eine von fabio biondi - der nach meinem empfinden die besten vier jahrszeiten abliefert!