Donnerstag, 21. April 2011

"Die Verwandlung" aus dem Kopf erzählt von Matthias Brenner

Da haben wir ihn nun also: den neuen Intendanten des Neuen Theaters. Ein Stuhl auf einem kleinen Podium, ein einzelner Spot und schwarzer Hintergrund. Und Matthias Brenner beginnt Kafkas Verwandlung aus dem Kopf zu erzählen. Gut, die ersten Sätze hat er vorgelesen. Ich wollte schon mäkeln, aber den weitaus größten Teil gab er wirklich aus dem Kopf wieder.

Die Hinterbühne selbst war mäßig gefüllt. Vielleicht gab es einfach zu viele Konkurrenzprogramme an dem Tag. Und, bei genauerem Hinsehen eigentlich zu erwarten: ein recht ordentlicher Teil der Anwesenden waren selbst Schauspieler der Häuser, die einfach neugierig sein wollten.

Ich bin auch ehrlich: ich wollte ihn eigentlich mit Jochen Malmsheimer vergleichen. Das war allerdings bevor ich die recht blaue Wikipedia Seite zu Herren Brenner gesehen habe und seine eigene Homepage. Danach würde man ja am liebsten die Klappe halten, um Keinem zu offenbaren was man jetzt schon wieder alles nicht gewusst hat.

Aber gut, kommen wir zu Kafka.
Zumindest die Verwandlung ist unbestreitbar ein Meisterwerk. Vor allem schön kurz. Und wie bei Kafka üblich: es gibt keine Erklärung. Es ist einfach so wie es ist. Dazu gehört dass Georg Samsa eines Morgens aufwacht und sich selbst als Käfer wiederfindet. Es wird nie genau gesagt welcher. In meiner Vorstellung ist es irgendwie immer eine Schabe gewesen. Und ein anderer Eindruck, von dem ich nicht genau sagen kann wo er her kommt: er scheint im Laufe der Handlung zu schrumpfen.
Die Novelle erzählt dann eigentlich recht übersichtlich und eigentlich unspektakulär von dem, was ihm im weiteren passiert. Und wer Kafka kennt, oder die Briefe an den Vater... Gut, das führt schon wieder zu weit. Ich hatte leider nie die Zeit die ich bräuchte um mich mal vernünftig in Kafka hinein zu lesen, aber Die Verwandlung ist wirklich gut.

Genauso übrigens, in sehr weiten Teilen, die Interpretation von Matthias Brenner.
Mit einer recht eindeutigen, aber nie übertriebenen Gestik verleiht er Georg jene Form von langsamer Selbsterkenntnis und Selbstakzeptanz die auch im Buch angelegt ist. Ich hatte die Verwandlung bisher nicht als lustigen Text gelesen, auch wenn offensichtlich selbst das streckenweise möglich ist. Und wenn man sich das ganze bildlich vorstellt, hat es tatsächlich zu Teilen Slapstick Qualitäten.
Die Pointe kannte ich ja schon, deswegen hat sie bei mir weniger eingeschlagen. Aber Alles in Allem wirklich gut.
Vorlage gut, Stimme gut, Interpretation gut.

Das Einzige dass mir wirklich nicht gefallen hat, war die Interpretation der Mutter. Freilich wird sie weder als sonderlich tiefgründig dargestellt, noch tritt sie sonderlich häufig auf.
Aber ihre Schreckensreaktionen, welche aufgeführt so lächerlich wirken, können genauso gut ein Ausdruck der Zeit gewesen sein, für die eine vorsichtige Annäherung an unsere Zeit weniger plastisch, etwas menschlicher und weniger übertrieben möglich gewesen wäre. Wohl auch nur wenn man gewollt hätte. Und dann wäre es ein Eingreifen in den Text. Und was nicht sonst noch mehr.
Aber so wirkten ihre Auftritte mitunter wie ein leichter Spott auf den Autoren.
Ob der nun angebracht ist oder nicht, soll an der Stelle keine Rolle spielen.
Fakt ist, dass die Mitte einer Novelle dafür nicht der beste Platz ist.

Wer die Novelle kennt, weiß, dass es sich hier wirklich um einen winzigsten Kritikpunkt handelt. Die Mutter tritt wenn es hochkommt vielleicht vier oder fünf Mal sehr kurz auf.
Aber das hat den Abend, für mich, eben ein ganz klein wenig unrund gemacht.

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