Samstag, 17. September 2011

Die Weber

Ufts.
Ich bin erst mal wieder zuhause. Und ich glaube das beste Wort, dass mir für die Weber Inszenierung einfällt ist "Ausdrucksstark".

Das Ganze fing eigentlich ganz harmlos an. Genauso wie bei der Fabelhaften Familie Baader gab es eine Einführung zum Stück, auch wenn das Foyer vorm Saal vielleicht nur bedingt akustisch geeignet ist. Auf jeden Fall hatten wir alle die Möglichkeit verschüttetes Grundwissen aus dem Schulunterricht zu reanimieren.
Mit einem gewissen Augenzwinkern erfuhr man auch noch, dass Henriette Hörnigk durchgesetzt hat, dass dieses Stück auf dem Spielplan steht und Jörg Steinberg durchgesetzt hat, dass Jo Fabian die Regie übernahm. Und das Gerhart Hauptmann - von dem das Stück ja ursprünglich mal stammte - sich im Rahmen der Zensur so lange hin und her gewunden hat, dass heute nur noch schwer auszumachen ist, was er damit eigentlich zum Ausdruck bringen wollte. Überhaupt scheint das Stück um die leidenden Weber eine recht bewegte Geschichte hinter sich zu haben.

Und - Achtung, schlechte Überleitung - bewegt geht das Stück dann auch los.
Wir sehen eine weiße Fläche, in der Mitte ein Roter Teich oder Klärtümpel (kommt auf die Interpretation an), Karl-Fred Müller spielt in einer einsamen Ecke Akkordeon. Und nach und nach steigen die Darsteller aus den Untiefen der Bühne auf, begleitet von Nebel und rotem Licht. Über die Mitte der Bühne sind frei hängende Eisenstangen gespannt und zwischen denen laufen die Darsteller vorerst hin und her, das Muster von Schussfäden imitierend.
Der Zuschauer kann sich bei der Gelegenheit schon mal an das triste Einheitsschwarz der Weber und die langen Zottelmähnen gewöhnen. Die Stimmung löst sich langsam, geht in eine Art von Tanz über und wie immer wenn es langsam lustig wird, plärrt von irgendwoher ein Spielverderber, sie sollen damit aufhören. Es handelt sich hierbei um den Expedienten, eine Art Vorsteher des Fabrikeigentümers. Und wo der ist, ist sein Herr natürlich auch nicht weit.

Ich behaupte jetzt mal in germanistischer Selbstüberschätzung, dass ich hier hoffentlich Keinem erklären muss wie die Geschichte mit den Webern weiter geht.

Und bringe wir an der Stelle einfach mal das Schlimmste hinter uns:
es ist im Grunde genau die Art von Modernen Theater vor dem ich mich normalerweise drücke und mit dem ich eigentlich nichts anfangen kann. Dafür war der Abend aber echt gut.

Im Großen und Ganzen ist das Stück einfach sehr auf das wesentliche Reduziert und mutet bei gerade einmal einer Stunde dreizig doch die eine oder andere Leerstelle zu, die man entweder gespannt auf Kleinigkeiten schaut (meine Reaktion) oder Reflexartig immer wieder mal das Handy zückt um zu schauen wie lange man noch muss (die Reaktion links neben mir).

Davon abgesehen arbeitet das Stück - wenn man einmal um das karge Bühnebild herum schaut - eigentlich mit sehr konventionellen Versatzstücken.
Die Dialoge der Weber sind sehr überschaubar, in einem sehr urigen Dialekt, der zumindest mir nicht direkt ins Ohr ging. Man hat trotzdem verstanden worum es ging.
Ein bisschen Klischee ist natürlich auch mit dabei, wie etwa der ewig fressende Pfaffe, der gierige und geistig eher wenig begütete Fabriksleiter und eine sehr klassische Aufteilung der Welt in Oben und Unten und ein klein wenig Mitte.

Das ganze untermalt von eingängiger Musik, von Rammstein über chorale Gesänge bis zu Apocalyptica.

Und der gewaltsamere Teil der Handlung ist sehr zurück genommen.


Das klingt jetzt so niedergeschrieben nicht unbedingt nach einer gelungenen Mischung, der Punkt ist aber: wenn man bereit ist sich darauf einzulassen, ist das Stück wirklich gut. Da es fast nichts gibt was einen ablenken könnte, schlagen die Dialoge und Beschwerden direkt ein.

Auf jeden Fall eine sehr interessante Mischung aus Entschleunigung und Wut.
Um das mal so auf den Punkt zu bringen.

Und ich habe gerade mal mit einem Auge geillert, was MZ Web so macht, weil ich eigentlich halb davon ausgegangen bin, noch irgendwo eine Harz 4 Referenz zu finden. (Fehler meinerseits, die war nicht mit dabei)
Aber mir ist bei der Gelegenheit noch einmal ins Auge gesprungen, dass das was ich hier eher schlecht als recht zu vermitteln versucht habe Jo Fabians ganz persönliche Handschrift ist. Eine Mischung aus Massenszenen, Musik, minutiöser Choreographie und etwas eigenwilliger Bearbeitung.

Es ist, wie gesagt, nicht die Art von Theater für die ich gerne mit Genuss wieder kommen würde, aber das Stück trägt auf jeden Fall eine interessante Handschrift. Und um sich einmal von einem Klassiker umhauen zu lassen, ist das eine echt gute Gelegenheit.

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