Sonntag, 11. September 2011

Große Freiheit 51

Woah, Hilfe. Nachdem mich gestern wohlmeinende Menschen mit insgesamt vier Kaffee abgefüllt haben und es bei der Premiere zur Großen Freiheit 51 auch noch Sekt gab... irgendwie bin ich heute nicht wirklich zu etwas zu gebrauchen, was Hirn erfordert.

Künstlerisch wertvolle Rezensionen sind heute auf jeden Fall Mangelware.

Dabei war die gestrige Premiere durchaus unterhaltsam.

Matthias Brenner - der gestern Geburtstag hatte, wie der eine oder andere vielleicht mitbekommen hat - sah sich auf Grund der Doppelveranstaltung mit IC Falkenberg veranlasst die Premiere gestern um ein ganzes Stück zu kürzen, und zwar direkt am Anfang. Als Hilmar Eichhorn meinte, er würde seinen großen Traum jetzt nicht erzählen, weil die Zeit eilt, aber beim nächsten Mal, da würde er ihn erzählen und wir müssten eben einfach noch einmal wieder kommen, wenn wir ihn hören wollten... nun, da hat er das ernst gemeint. Der Anfang soll wohl ein ganzes Stück länger sein und auf den Handzetteln steht eigentlich auch noch, dass das Ensemble bei der Einleitung hätte mitwirken sollen...
Fairer weise werde ich mich dann auch nicht über besagten Epilog äußern. Vielleicht wenn ich ihn mir aufgrund unfairer Werbemaßnahmen noch mal angesehen habe. ;P

Nah, der Abend war durchaus in Ordnung. Das eigentliche Problem des Stückes ist wirklich nicht, dass irgendwo gekürzt wurde oder werden musste. Es liegt auch nicht an der Stückauswahl, die ich an anderer Stelle schon mal erwähnt hatte. Es ist für jeden Geschmack etwas dabei: modernes Theater (Heiner Müller), sozialkritisches Kostümstücke (Lenz - Sturm und Drang), Tagespolitisches, eine sehr freie Neuauflage der Bremer Stadtmusikanten, eine kleine Reflektion auf die Lage der Kulturinsel (wieder Heiner Müller) und Verarbeitungen von mehr oder weniger bekannten Filmen (Coffee and Cigarettes und Woody Allen).
Kurz: für jeden etwas.
Und wenn ich ehrlich bin: mir hat unterm Strich Daisy am besten gefallen (ein wirklich niedliches Schaf, und ja, ich mag Puppentheater). Und Alexander Pensel war wirklich hervorragend, denn zumindest für mich kam seine Rolle vollkommen unerwartet. Nur mit Heiner Müller bin ich trotz mehrerer Versuche von Seiten der Germanistik irgendwie nie vollkommen warm geworden.
Wem da nun was am ehesten zusagt ist eh subjektiv, also Schwamm drüber.

Wo ist also das Problem?
Wobei Problem schon wieder ein wenig übertrieben klingt.
Das gesamte Konzept ist unglaublich auf Lücke gebastelt.
Am Anfang hatte jeder ein Programmheft in die Hand bekommen, auf dem ein Buchstabe stand. Entsprechen sollten sich die Zuschauer dann den Gruppen zuordnen (wobei sich viele die Freiheit nahmen sich eher ihren Bekannten als den ihnen zugeteilten Buchstaben zuzuordnen.) und los geht es.

Die Runde durch die Kulturinsel ist festgelegt, die Reihenfolge ist im Grunde immer die gleiche, nur die Startpunkte sind verschieden. Und geplant war, dass jeder Wechsel zwischen den Orten genau zwei Minuten dauert.
Es geht ganz generell, wenn man gut zu Fuß ist. Aber der Knackpunkt ist einfach der: so schön es ist, die Inszenierung ist definitiv nicht Behindertengerecht.
Um das kurz zu erklären: Man sitzt, 8 Minuten wird eine Szene gespielt, in den folgenden zwei Minuten wird geklatscht, Alle erheben sich und bilden eine Menschentraube vor (zumeist) Doppelflügelige Türen von denen nur eine Seite offen ist. Es staut sich, man hastet anschließend durch Gänge, drängelt sich genauso koordiniert durch eine weitere Doppeltür und sucht einen Platz, bevor es weiter geht.
Gruppenstärke liegt so bei grob 30 Leuten, eingeplante Zeit für das ganze Prozedere: wie gesagt, 2 Minuten.

Ich habe zwischendrinnen angefangen auf das Klatschen zu verzichten, immerhin sollte es ja schnell gehen. Und der Punkt ist einfach: so riesig und beeindruckend das ganze Gebäude wirkte, als man zur Einführungsmatinee durchgelotst wurde: davon kriegt man zur Vorstellung einfach nichts mehr mit. Man ist viel zu sehr mit eilen beschäftigt.

Und ich bin schon wieder mäkelig, oder?

Wenn man gut zu Fuß ist ist das Konzept auf jeden Fall zu bewältigen. Und wenn man wenig nach links und rechts schaut und einfach den Massen, den Linien auf dem Fußboden oder den "Schließer" genannten Gruppenführern folgt auch. 

Als alternatives Spielkonzept ist es auf jeden Fall interessant, auch wenn ich vorerst nicht in der Nähe wohnen möchte. Das Nebelhorn hat man schon am Freitag über den gesamten Uniplatz gehört. Das Ding ist echt laut.

Logistisch definitiv eine Riesen Leistung.
UND einen Heiden Respekt an die Darsteller. Ich bin dank der Uni einiges gewohnt. Klimaanlage und Lüftung sind nie die wichtigsten Anschaffungen für ein Institut. Und so haben nicht Wenige von uns schon zig Seminare in Sauerstoffmangel bei kuscheliger Hitze verdöst. Bei den Bedingungen anderthalb Stunden lang auf Text, Timing und alles weiter zu achten: Respekt. Die Meisten von uns waren in den Seminaren froh, wenn sie nach 20 Minuten wieder ihre Ruhe hatten.

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