Mittwoch, 7. September 2011

Richard Greene & K. Silem Mohammad - Die Untoten und die Philosophie

Das ich einen leichten Faible für Vampire habe könnte dem aufmerksamen Leser vielleicht schon einmal aufgefallen sein. Und ich gebe zu: ich habe das Buch im Threadtitel in erster Linie als Infotainment gekauft.

Und eigentlich sollte an dieser Stelle eine Naja-Review stehen: Naja, man kann es gelesen haben, man muss aber nicht.

Im Grunde ist das auch immer noch meine Meinung. Das Buch ist als Anthologie angelegt und wie meistens hat man sich um einen roten Faden bemüht und ihn nicht so richtig gefunden. Das Buch ist etwas Zombie-lastig, Vampire werden vergleichsweise wenig behandelt, dafür ist aber auch ein Abschnitt über Blade Runner mit dabei. Wie in der englischsprachigen Wissenschaftsliteratur üblich ist das Buch recht verständlich geschrieben. Ich fand es etwas behäbig, aber es ist auf jeden Fall besser verständlich als die verkopfte Deutsche Wissenschaftssprache mit zig Nebensätzen.
Ein paar nette Themen sind auch mit dabei. Etwa ob ein Vampire auf Dauer glücklich ist ober ob bei einem Zombie die körperliche oder die geistige Kontinuität am Ende Identitätsstiftend ist und vor allem für wen. (Keine Sorge, ist im Buch verständlicher beschrieben.)
Und jeder muss selbst wissen ob er mit der Argumentationsstruktur klar kommt oder nicht. Oft genug fühlt es sich so an, als hätte jemand einen Film gesehen, sich eine philosophische Theorie überlegt die passen könnte, das Ganze zusammen gebracht und wenn man als Leser dann doch mal ins grübeln kommt, ob das alles so stichhaltig ist, dann kommt das Totschlagargument: "wie man im dem und dem Film sehen kann ist es so und so."

So weit so gut. Ich würde sagen, dass Buch ist "nett". Mehr aber auch nicht.

Und nun stellt sich die Frage: wo ist das Problem? Ich habe es gekauft, ich habe es gelesen. Also was?

Nun, das Buch hat auf Deutsch noch einen Untertitel:
Die Untoten und die Philosophie. Schlauer werden mit Zombies, Werwölfen und Vampiren
Und es kann ja immer auch am Koffeinmangel liegen, aber Werwölfe sind mir da weit und breit keine untergekommen. Ich weiß nur noch, dass sie ganz bewusst Geister ausgeklammert haben.
Und was macht man wenn man sich nicht sicher ist? Einfach mal Google fragen, beziehungsweise auf Amazon vergleichen, wie das Buch eigentlich im Original heißt.
Undead and Philosophie. Chicken Soup for the Soulless
Ist ja auch ein netter Titel.
Und dann fiel mein Blick auf die Seitenzahlen:
Englische Ausgabe: 288 Seiten
Deutsch Ausgabe: 288 Seiten
Ich habe das gestern einer Freundin erzählt und sie meinte "passt doch" und das traurige ist: nein, es passt nicht.
Es ist so, dass eigentlich jede Übersetzung, egal von welcher Sprache in welche Sprache, länger ist als der Ausgangstext. Das hat unter anderem was damit zu tun, dass es in der Übersetzung 1:1 Entsprechungen gibt, 1:Teil, 1:Viele oder Leerstellen. Und um das zu sagen, was jemand in einem einfachen Satz zusammen geklöppelt hat, muss man oft genug Umschreibungen heran ziehen. Daher werden Übersetzungen normalerweise länger.
Dann gibt es natürlich noch verschiedene Einstellungen wie man übersetzt: vorsichtige Anpassungen; einfach so übersetzen wie es da steht, egal wie schlecht die Vorlage ist oder komplett Neuschöpfungen oder andere eigenmächtige Verschlimmbesserungen.
Und ich habe die Zahl leider nicht gefunden, aber Ulrich Blumenbach wurde zum Beispiel damals für seine Übersetzung von Infinite Jest extrem gelobt (Unendlicher Spaß von David Foster Wallace), weil das Werk in seiner Übersetzung nicht ausufernd endlos viel länger geworden ist. Vielleicht hat einer von Euch beim googeln mehr Glück um heraus zu finden wie das ganze in Zahlen klingt.
Auf jeden Fall, um mal auf das vorliegende Buch zurück zu kommen, gibt es ziemlich genau zwei Wege sicher zu stellen dass ein Buch in der Übersetzung genauso lang wird wie in der Originalausgabe:
Ein bisschen am Layout basteln und alles in kleinerer Schrift drucken oder kürzen und Dinge raus schmeißen.
Möchten die Ersten schon mal raten was hier passiert ist?
Fakt ist, ich habe mich dann erst mal hingesetzt und bei Amazon.com das Inhaltsverzeichnis von Undead and Philosophy angesehen.
Und zumindest mir ist es nicht gelungen in meinem Buch ein Übersetzung für folgende Beiträge zu finden:

Kapitel 1:
Dead Serious - Evil and the Onthology of the Undead von Manuel Vargas

Kapitel 3:
Should Vampires be held Accoutible for their Bloodthirsty Behaviour? von John Draeger
Deserving to be a Vampire. The Ethical and Existential Elements of Vampirism von Ted M. Preston

Kapitel 4:
The Undead Martyr: Sex, Death, and Revolution in George Romero's Zombie Films von Simon Clark

Und Kapitel 5:
The Fear of Fear itself. The Philosophy of Halloween von Noël Caroll


Wenn man dann erst mal so weit ist, findet man auch plötzlich die Angabe: Die deutsche Ausgabe gibt eine gekürzte Fassung des Amerikanischen Originals wieder. Das ist schön, nützt mir aber sehr wenig, weil diese Bücher echt teuer im eingeschweißten Zustand verkauft werden! Ich konnte das im Laden nicht sehen! (zumal kein Mensch gewohnheitsmäßig die Copyrightangaben vor dem Kauf liest)
Und ich muss zugeben, dass mich einige der Themen - die möglicherweise wegen so was banalem wie Copyright heraus gefallen sind - ehrlich interessiert hätten.
Das ist unterm Strich richtig bescheidene Verlagspolitik.
Und weil ich das in einem echt kleinen Buchhandel hier in der Stadt gekauft habe traue ich mich kaum das Buch einfach wieder zurück zu geben, obwohl der Preis in Relation echt eine Frechheit ist.

So vergrätzt man dann im Nachhinein noch mal Kunden.

1 Kommentar:

  1. Jein. Also sie haben von den ich insgesamt 20 Beiträgen (verteilt auf fünf Kapitel) insgesamt fünf nicht übersetzt. Also fehlt über den Daumen etwa ein Viertel des Buches in der Übersetzung.

    Die Frau im Buchladen hat sich geweigert das Buch zurück zu nehmen, zum einen braucht sie denke ich mal den Umsatz und zum anderen hat sie mir empfohlen ich soll mich an den Verlag wenden.

    Und ich muß ganz ehrlich sagen, dass ich das bisher zeitlich nicht so ganz hin gekriegt habe, zumal ich das Geld für das Buch so oder so abschreiben kann.

    (Jeder den ich kenne und der sich mal bei einer Firma beschwert hat, wurde mit einem netten Brief und einem Präsentkorb abgespeist und möchte ich wirklich dass sich der Verlag mit Schulbüchern bei mir bedankt? Das ist den Aufwand dann auch wieder nicht wert...)

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