Sonntag, 5. September 2010

Die Blume von Hawaii

Meine Güte, ich bin nachlässig geworden. Die Rezension zur Blume von Hawaii ist ja auch noch nicht geschrieben.

Na dann:
Die Blume von Hawaii war glaube ich das zweite Stück zu dem ich mir eine Einführungsmatinee angesehen habe.
Matinee ist ein schweres Wort, bei dem sich zumindest bei mir immer ein R mit hinein mogeln möchte, und das nichts weiter bedeutet als eine kulturelle Veranstaltung am Vor- oder Nachmittag. Also eine Veranstaltung die im Vergleich sehr zeitig beginnt.

So, damit ist der Bildungsteil für heute Abend dann auch abgetan.

Wie war es denn nun?

Also die Matinee war sehr lustig. Und offen gestanden bin ich dabei das Konzept lieb zu gewinnen. Einfach mal eine Stunde da sitzen (oder anderthalb), inhaltlich ein paar Zusatzinformationen hören und schon mal die ersten Lieder kennen lernen. Etwas Humor und ich bin ein sehr glücklicher und auch am frühen Morgen schon ausgeglichener Mensch.
Das Einzige was ich nach wie vor ein wenig schade finde, ist dass Herr Köhler eigentlich Plaste-Aufblas-Palmen für das Hawaii Feeling versprochen hat und ich in dem ganzen Stück immer noch keine gesehen habe.

Aber ansonsten... *g*
Doch, ich find es gut. Man muß nur wirklich wissen worauf man sich einläßt.
Die Handlung im Schnelldurchlauf: In Leipzig ist eine Reisemesse, Schirmherr wird Herr Barack Obama und der aufgestellte König Kamehameha (eine Statue) beginnt sich über den ganzen Plunder aufzuregen und die "wahre" Geschichte von Hawaii zu erzählen.
Prinz Lilo Taro (und ich schau um die Uhrzeit keine Schreibweisen exotischer Namen nach) ist seit Kindesbeinen mit Prinzessin Laya verlobt, welche nun als Sängerin Susanne Provence verkleidet auf die Insel kommt. Eigentlich kommt sie um sich zur Königin krönen zu lassen, hat aber auf der Fahrt nach Hawaii ein Auge auf Kapitän Stone geworfen, der sie auch hinreißend findet, nur dass es ab hier politisch wird und damit kompliziert. Dann gibt es noch einen Gouverneur, der eigentlich seine Tochter mit Lilo Taro verbinden wollte. Bessie war auch recht erfolgreich, bis Laya wieder kommt, Lilo Taro nur noch Augen für seine Prinzessin hat, Stone aber auch eine nette Partie abzugeben scheint, Buffy verzweifelt da er Bessie haben will und der Sänger Jim Boy sich mit Raka verbindet... und am Ende wird Obama auf der Messe von einer Statue angegriffen und alle singen die Applausmusik...
Erm, auf der Bühne ergibt das wesentlich mehr Sinn als wenn ich das hier aufschreibe.
Aber während all dem geht es ganz nebenbei noch um die Unabhängigkeit Hawaiis, Diwanpüppchen, Strände, eine Krönung, Water Boarding... oh, und um den ewigen Frühling.
Und dieser Satz ist ebenfalls wesentlich verständlicher, wenn man das Stück einmal gesehen hat.
DER INHALT IN KURZ: ein verworrenes Beziehungsnetz, etwas Politik und viel Aloha.

Und wie ist es nun?
Bunt. Und schwungvoll. Und seit ich nicht mehr an der Jazzsendung beteiligt bin kann ich mich erfreulicherweise auch für diese Art von Musik begeistern.
Ja, trotz Orchesterinstrumentalisierung ist die Operette eindeutig Jazzlastig - komponiert von Paul Abraham, falls das jemandem was sagt.
Ist aber auf jeden Fall schmissig. Ich hatte mir zur Stimmungserhellung mal eine Auswahl aus der Operette bei Amazon herunter geladen. Die Lieder bleiben im Kopf. Wenn man sie einmal gehört hat ist mitwippen, mitsummen, mitklatschen, notfalls sogar mitsingen alles kein Problem mehr.
Und Mitklatschen ist im übrigen ausdrücklich erlaubt.
Zumindest hier in Halle.

Das Stück hat bei mir wirklich einen Bonus, weil es im Grunde eine Kabarettveranstaltung mit Musikuntermalung ist. Gut, das ist ein wenig übertrieben. Aber Herr Straube führt mit ausreichend Ironie, viel Humor und einem gebalten Faktenwissen durch die Handlung. Und das alles wird nur erträglich, weil diesen gnadenlosen Kitsch niemand, selbst mit dem besten Willen, ernst nehmen kann. Und wenn man es doch könnte, wird es durch die Inszenierung aufgehoben.
Also in kurz: Hochkultur sieht anders aus, aber es macht unglaublich viel Spaß. Sah die MZ genauso, kann man immer noch online nachlesen. Nur dass es da mit einem Eskapismusvorwurf verbunden wurde.
Da ich wie gesagt nichts von der Trennung von U und E halte, und wie gesagt nach meiner Prüfung der Meinung war mir das einfach mal wieder verdient zu haben...

Naja, zum Abschluß noch eine kleine Anmerkung zum gestrigen Abend:
Dank der Spielzeiteinführung am Morgen haben sich wirklich noch erfreulich viele Zuschauer eingefunden, auch wenn es nicht gereicht hat den zweiten Rang zu öffnen.
Und auch wenn ich den Satz eigentlich hasse, kann ich an solchen Abenden nachvollziehen, warum wir wieder kommen sollen und das am Besten mit einem Haufen Freunden.
Wir haben - entgegen meinen Erwartungen - tatsächlich noch eine Zugabe heraus geklatscht. Herr Straube und Herr Trekel feierten ja beide ihr 40jähriges Bühnenjubiläum hier in Halle. Und man hat auch durchaus gesehen, dass beide ihren Spaß hatten.
Dazu kam, dass Frau Lex - manche haben sie vielleicht schon in Macbeth gesehen: die Frau mit dem auffälligen, pastellgrünen Hut - als Bessie eingesprungen ist. Schwarz ist nun nicht zwingend die Haarfarbe der Wahl, aber Frau Lex hat eine Interpretation der Bessie abgeliefert, die sehr gut zu dem etwas überdrehten Ambiente des Stückes paßt. (Ich möchte wirklich nicht darüber diskutieren, ob diese Version besser ist als die von Frau Deibele. Als friedliebender Mensch würde ich einfach für "anders" stimmen. Frau Deibele wirkte eher etwas distanziert - eher wie ein Hallenser eben. Und Frau Lex hat Bessie zu einer Handfesten Frau umgeformt, die genau das gleiche tut, aber dabei eher zupackend wirkt. Es hat beides etwas für sich. Aber die Tatsache, dass ich als Gewohnheitstier spontan von der Interpretation von Frau Lex angetan war und nicht zwischendurch dachte "der Unterschied guckt sich schon irgendwie weg, das wird schon" ist glaube ich ein sehr gutes Zeichen. Großen Respekte für eine Darstellerin, die in eine fertige Rolle übernimmt und so gut ausfüllt. Da hatte ich mit Poes Reynolds zwischendurch weitaus eher Probleme.)

Also ganz große Empfehlung: wenn es mal was lustig-entspannendes sein soll, in der Blume von Hawaii wird man fündig.

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