Sonntag, 6. Februar 2011

Wonderful World

Dr. Med. Eckard v. Hirschhausen hat mal gesagt:
"Wenn es mir schlecht geht, sehe ich mir Talkshows im Fernsehen an. Dann weiß ich dass es ein paar Probleme gibt, die ich nicht habe. Und dass meine Familie im Vergleich doch eigentlich recht intakt ist."
(Grob aus dem Gedächtnis zitiert)
Und ungefähr mit diesem Gefühl habe ich Wonderful World gesehen.


Das irgendetwas nicht ganz stimmt, vermittelt schon das Bühnenbild, welches Räume einfach übereinander schachtelt, statt sie nebeneinander zu bauen.
Und das ganze beginnt mit Max, einem Erziehungsberater, der friedlich Tetris spielend auf seiner Couch liegt, während seine Freundin und bald-Ehefrau Jennifer kurz vor einer Krise steht. Vielleicht ist sie auch schon einen Schritt weiter. Denn der Bruder von Max, Barry, ein erfolgreicher Motivationstrainer, soll zum Essen kommen... Angedacht war, dass er seine Lebensgefährtin Patty mitbringen soll. Nur fühlt die sich ausgeschlossen...

Und ab hier geht alles schief, das schief gehen kann.
Geheimnisse, unter dem Siegel der Verschwiegenheit gegeben, werden konstant als Waffe gegen alles und jeden eingesetzt, der versucht argumentativ die Oberhand zu gewinnen. Mutter wird instrumentalisiert um herauszufinden, wer Recht hat. Und die gesamte Mannschaft tanzt nach Pattys Pfeife, bis...

Wir wollen ja nicht gleich alles verraten.
Fakt ist, dass sich das Stück selbst als Komödie versteht. Dabei aber gleichzeitig mit einem Stoff arbeiten, den man als Tragödie verwenden könnte, wenn alle etwas weniger dick auftragen würden.
Max, gespielt von Wolf Gerlach, findet es vollkommen normal, wenn man geliebte Menschen schon einmal umbringen wollte, und hat auch sonst Probleme sich in andere zu versetzen, was nicht unbedingt die beste Grundlage für einen Erziehungsberater ist. Immer am Rande der Überforderung tastet er sich gekonnt von einem Fettnapf zum nächsten.
Seine.... irgendwie-vielleicht-bald-Ehefrau Jennifer, gespielt von Marie Bretschneider, trägt ihren ganz eigenen Balast mit sich herum. Emotional etwas instabil, aber sonst mit relativ klarem Kopf, macht sie die Sache auf ihre Art schlimmer.
Berry, gespielt von Jonas Schütte, ist zum Teil stiller Zuhörer, der treffsicher Tiefschläge verteilt wenn es ihm zu viel wird. Und zum anderen Teil ist er eine wandelnde Slapstickeinlage.
Dann ist da noch Patty, gespielt von Sophie Lüpfert, ein kariereversessenes Biest, dass mit ihrem Ego alles in greifbarer Nähe malträtiert.
Und natürlich die Mutter, gespielt von Danne Hoffmann, welche keineswegs die neutrale Schweiz miemt, sondern noch Öl ins Feuer schüttet.

Es ist alles da, was man für eine gute Tragödie brauchen würde. Nur wird alles so überdreht dargeboten, dass zumindest mich schwerlich etwas davon anging.
Um so überraschter war ich, am Ende tatsächlich noch eine Wertung zu hören, die in gewisser Weise alles legitimiert, ohne etwas gut oder schlecht zu heißen.

Alles in allem ein angenehmer Abend mit mitunter bitterbösem Humor. Ob die Schlußpointe nun zündet oder nicht, muss jeder selbst wissen. Zumindest ich musste ein wenig daran kauen. (Und das ist alles was man realistischer Weise von Kultur erwarten kann.)

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